Verbandsklagerecht: heute und morgen
Gespeichert von Dr. Ludger Giesberts, LL.M. am
Rechtsbehelfe für NGOs sind auch in der Diskussion um das neue UGB ein Thema. In § 61 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ist das Klagerecht für Umweltverbände zwar schon länger bekannt. Diese müssen hier keine eigenen oder fremden subjektiven öffentlichen Rechte anführen. Mit dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRBehG) und dem Umweltschadensgesetz (USchadG), die erst in den vergangenen beiden Jahren in Kraft getreten sind, wird jetzt Neuland betreten: Umweltvereine können einen Rechtsbehelf gegen eine behördliche Maßnahme einlegen, wenn diese gegen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und Rechte Einzelner begründen können, verstößt. Das Klagerecht ist - bis auf die Ausnahme in § 4 Abs. 1 UmwRBehG, wonach die Klagebefugnis auch auf das Fehlen der erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung und somit auf einen Verfahrensfehler gestützt werden kann - an dem im deutschen Recht geltenden Schutznormgedanken orientiert. Der Kläger muss also (anders als nach BNatSchG) irgendein subjektives öffentliches Recht anführen; dieses muß jedoch nicht ein eignes subjektives öffentliche Recht sein. (Siehe hierzu auch Giesberts, Rechtsschutz im Wasserrecht - Die Umsetzung der Århus-Konvention durch das Umweltrechtsbehelfsgesetz, in: Reinhardt (Hrsg.), Wasserrecht und Wasserwirtschaft, Band 41, Wasserrecht im Umbruch - Trierer Wasserwirtschaftstage 2007, S. 117 ff.)
Das Bundesumweltministerium hat nunmehr einen Referentenentwurf für ein UGB vorgelegt und die Länder- und Verbändeanhörung eröffnet. Der Entwurf sieht in seinem fünften Abschnitt (§§ 40 - 45) keine wesentlichen Änderungen des Status Quo vor, sondern schreibt die Rechtslage nach UmwRBehG und USchadG nahezu unverändert fort. Da bislang keine weiterreichenden Erfahrungen mit den Neuregeleungen aus UmwRBehG und USchadG gemacht wurden, erscheint dies nicht überraschend.
Vielfach wird kritisiert, das Ziel der zu Grunde liegenden Århus-Konvention und der Umwelthaftungsrichtlinie, nämlich den Weg zu den Gerichten zu ermöglichen und zu vereinfachen, sei nicht erreicht worden. So hat der Naturschutzbund Deutschland (NABU) Beschwerde bei der EG-Kommission eingelegt. Auch wird kritisiert, der Rechtsschutz sei nicht erweitert, sondern lediglich auf besonders anerkannte Umweltvereine erstreckt worden. Insbesondere beziehe sich die Klagemöglichkeit nicht auf objektive Normen des Umweltrechts, drittschützende Normen seien aber eine Seltenheit.
Andererseits stand und steht die Einführung der neuen Verbandsklage selbst in der Kritik: So wird vorgebracht, es drohe eine Privatisierung des Gemeinwohls, da die Verbände als mit der Verwaltung konkurrierende Sachwalter des Gemeinwohls aufträten. Das Gegenargument, dass Letztentscheider aber doch die Gerichte blieben, überzeugt nur bedingt: Die Auswahl der Vorhaben, gegen die vorgegangen wird, obläge der Willkür der Umweltverbände.
Die Verbandsklage nach BNatSchG fristet eher ein Schattendasein. Ob die neue Klagemöglichkeit größere Bedeutung erlangt, bleibt abzuwarten. Zweifel sind anzumelden auf Grund der bestehenden Beschränkungen für die Erhebung dieser Verbandsklage. Der weitere sachliche Anwendung in vielen Umweltbereichen dürfte daran nichts ändern. Umweltschützer werden dies bedauern, die investitionswillige Wirtschaft wird dies begrüßen.
RA Dr. Ludger Giesberts / RA Dr. Thilo Streit