OLG Hamm zur Blutprobe: Wohl immer Gefahr in Verzug
Gespeichert von Carsten Krumm am
Mehrfach schon war § 81a StPO und hier die Frage der Verletzung des Richtervorbehalts bei Anordnung der Blutprobenentnahme Gegenstand des Blogs. Nun hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm mit Beschluss vom 25.8.08 - 3 Ss 318/08 - als erster Senat des OLG eine erste vorsichtige Standortbestimmung versucht. Auch hier ging es einmal mehr um eine seitens der Polizei angeordntete Blutprobe - der Verteidiger hatte allerdings im Rahmen der Verfahrensrüge nicht ausreichend vorgetragen, so dass allein deshalb die Revision gegen das amtsgerichtliche Urteil scheiterte. Trotzdem hat der 3. Senat u.a. ergänzend wie folgt Stellung genommen:
"Der Senat neigt der Auffassung zu, dass eine evidente Dringlichkeit (Straßen-)Verkehrsdelikten, bei denen es auf die Überschreitung eines bestimmten BAK-Wertes ankommt, zwar nicht immer, aber häufig gegeben sein wird. ... Bei den genannten Verkehrsdelikten ist eine exakte messtechnische Bestimmung des BAK-Wertes zum Tatzeitpunkt wesentlich für die Feststellung der Strafbarkeit. Selbst ohne Anrufung des Ermittlungsrichters ist meist die Erlangung einer Blutprobe, allein schon weil die Polizei zunächst herbeigerufen werden und den Sachverhalt ermitteln muss und wegen der Heranziehung des zur Entnahme notwendigen Arztes, meist nicht unter einer Stunde nach der Tat zu erreichen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Polizei kein eigenes Antragsrecht beim Ermittlungsrichter zusteht, sondern diese zunächst die Staatsanwaltschaft einschalten muss, sofern nicht die Fallgestaltung des § 165 StPO vorliegt....Zwar lässt sich auch durch eine nicht ganz so zeitnahe Blutprobe und deren Auswertung durch Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt noch ein BAK-Wert ermitteln. Indes erfolgt diese Rückrechnung aufgrund bestimmter zu Gunsten des Beschuldigten angenommener statistischer Mindestwerte. Die tatsächlichen Abbauwerte liegen im allgemeinen (z.T. deutlich) höher, so dass sich mit zunehmendem Zeitablauf zwischen Tat und Blutprobenentnahme auch die Abweichungen zwischen einem zeitnah gemessenen tatsächlichen BAK-Wert und einem durch Rückrechnung ermittelten BAK-Wert ergeben..."
Ausdrücklich hat sich der Senat gleichwohl noch nicht festlegen wollen, was denn wäre, wenn gegen den Richtervorbehalt des § 81a StPO verstoßen worden wäre:
"...Ob bzw. inwieweit bei einer Verletzung des, Richtervorbehalts ein Beweisverwertungsverbot bezüglich des auf der Grundlage der ohne richterliche Anordnung erlangten Blutprobe eingeholten Gutachtens anzunehmen ist (vgl. dazu BVerfG Beschl. v. 28.07.2008 - 2 BvR 784/08 - BeckRS 2008, 37714), kann derzeit offen bleiben..."