Da staunt der "Nichtverwaltungsrechtler": Gute Idee, aber leider rechtswidrig - Routinemäßige Motorradsicherstellung zur Entschärfung eines Unfallschwerpunktes
Gespeichert von Carsten Krumm am
Wenn man als "Nichtverwaltungsrechtler" verwaltungsgerichtliche Entscheidungen - hier: VGH München, Urteil vom 26.01.2009 - 10 BV 08.1422 - bespricht ist natürlich Vorsicht geboten. Dass aber eine schematische Sicherstellung von Motorrädern an einem bestimmten Tatort nach wiederholten Geschwindigkeitsüberschreitungen allein aufgrund des Erreichens von Grenzwerten des Bußgeldkatalogs (zweimal binnen eines Jahres schneller als 25 km/h oder einmalig mehr als 40 km/h Überschreitung) nicht möglich ist, daran hätte sicher auch die bayerische Polizei denken können.
Zum Sachverhalt laut Beck-Aktuell:
Wegen der auf der Bundesstraße 11 im Bereich des Kesselbergs zwischen dem Kochel- und dem Walchensee bestehenden Unfallhäufigkeit unter Beteiligung von Motorradfahrern erteilte das Polizeipräsidium Oberbayern 2007 eine Grundsatzweisung: Ein Motorrad soll sichergestellt, abgeschleppt und mindestens bis zum nächsten Morgen, an Wochenenden bis zum Montagmorgen verwahrt werden, wenn der Fahrer innerhalb eines Jahres am Kesselberg einmal die Geschwindigkeitsbegrenzung um mehr als 40 km/h beziehungsweise zweimal um mehr als 25 km/h überschreitet. ... Die Verkehrspolizei Weilheim hatte die Sicherstellung des Motorrads des Klägers angeordnet, nachdem dieser an einem Freitag im August 2007 zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen hatte. Gegen eine Bezahlung von 277,42 Euro konnte der Kläger am folgenden Montag sein Motorrad in Murnau von der Verwahrstelle abholen.
Der VGH München zu dieser im Ergebnis wohl erfolgreichen Polizeitaktik:
Die Sicherstellung von Fahrzeugen setze voraus, dass im Einzelfall die konkrete Gefahr eines in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang drohenden weiteren Verkehrsverstoßes drohe, so die Münchner Richter. Dies sei nur der Fall, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der nächsten Zeit eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu erwarten sei. Eine solche Prognose-Entscheidung im Einzelfall könne nicht schematisch an die Höhe einer einmaligen oder zweimaligen Geschwindigkeitsübertretung geknüpft werden.... Im Regelfall müsse davon ausgegangen werden, dass die im Straßenverkehrsrecht vorgesehenen Ordnungsmittel (Bußgeld, Fahrverbot, Punkte) den normalen Verkehrsteilnehmer so nachhaltig beeindruckten, dass er nicht umgehend neue Verkehrsverstöße begehe.
Wer mal schauen will, wie es sich so "anfühlt", die Strecke zu fahren, hier eines von vielen youtube-videos (immerhin die Musik stimmt, oder?!)
Meine Frage an die Blogleser: Wird durch solch eine Sicherstellung nicht auch durch die Hintertür eine Art "vorläufiges Fahrverbot" eingeführt? Die meisten Motorradfahrer werden ja nicht gleich Ersatz parat haben, oder?!
Abschließender Hinweis: Die Entscheidung der Vorinstanz hier.