Neues Recht für Vorstandsgehälter?
Gespeichert von Dr. Ulrike Unger am
Viel Diskussionsstoff bieten derzeit Managergehälter. Empörung lösen die Millionengehälter, insbesondere von Bankmanagern angesichts der Milliardenverluste auf Kosten von Steuerzahlern und Aktionären aus. Deshalb hat die Bundesregierung am 11.3.2009 eine Formulierungshilfe für ein „Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung" beschlossen, die als Gesetzentwurf durch die Regierungsfraktionen in den Bundestag eingebracht werden soll. Beabsichtigt wird dabei die Vergütung von Vorständen so zu gestalten, dass Anreize für eine nachhaltige und auf Langfristigkeit ausgerichtete Unternehmensentwicklung gesetzt werden (siehe hierzu die Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 11.03.2009). Die Formulierungshilfe beinhaltet insbesondere folgende Regelungen:
1. Die Vorstandsvergütung muss in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen des Vorstands und der (branchen- oder landes-)üblichen Vergütung stehen.
2. Manager sollen ihre Aktienoptionen künftig erst nach 4 Jahren (bisher 2 Jahre) einlösen können.
3. Der Aufsichtsrat hat die Möglichkeit, die Vorstandsvergütung nachträglich im Falle der Verschlechterung der Lage des Unternehmens zu verringern.
4. Der gesamte Aufsichtsrat soll über die Höhe der Vorstandsvergütung entscheiden. Die Entscheidung darf nicht mehr an einen Ausschuss delegiert werden.
5. Damit einhergehen soll die verschärfte Haftung des Aufsichtsrats für die Bewilligung überhöhter Vorstandsvergütungen.
Wesentliche materiell neue Änderungen enthalten diese Regelungen allerdings nicht: § 87 Abs. 1 AktG erfordert bereits jetzt das Bestehen eines angemessenen Verhältnisses zwischen den Gesamtbezügen und den Aufgaben des Vorstandsmitglieds sowie der Lage der Gesellschaft. Zur Beurteilung des angemessenen Verhältnisses werden auch bisher Vergleichsmaßstäbe wie etwa die Branchenüblichkeit herangezogen. Zudem sieht § 87 Abs. 2 AktG bereits heute die Reduzierungsmöglichkeit der Vorstandsvergütung vor, falls sich die Lage der Gesellschaft verschlechtert. Ebenso legt nach bisherigem Recht der Aufsichtsrat die Vergütung der Vorstandsmitglieder fest, allerdings mit der Möglichkeit diese Aufgabe an einen Ausschuss zu delegieren. Schließlich haftet der Aufsichtsrat bereits nach bestehender Rechtslage über § 116 AktG persönlich auf Schadensersatz für die Gewährung einer überhöhten Vorstandsvergütung.
Zu begrüßen an dem Vorschlag ist, dass kein Höchstbetrag für eine Vorstandsvergütung festgeschrieben wird. Eine allgemeingültige Grenze im Sinne einer „gerechten Vergütung" kann es, wenn man sich der Marktwirtschaft verpflichtet sieht, nicht geben. Dies würde zu einer Verrechtlichung des Vergütungsbegriffs führen, die nicht gerechtfertigt ist.
Wenn aber die wesentlichen Regelungen bereits nach geltendem Recht bestehen, warum wurden sie dann bisher kaum angewandt? Dies liegt wohl an dem systemimmanenten Interessenkonflikt: Der Aufsichtsrat legt die Höhe der Vergütung der Vorstandsmitglieder fest. Für die überhöhte Vorstandsgewährung haftet der Aufsichtsrat auf Schadensersatz. Diesen Anspruch auf Schadensersatz muss wiederum der Vorstand durchsetzen. Genauso wie für Klagen gegen Vorstandsmitglieder der Aufsichtsrat zuständig ist, der dann häufig selbst den Vorwurf mangelnder Kontrolle und eine persönliche Haftung zu befürchten hat. Dieser Interessenkonflikt wird durch die geplanten Regelungen auch künftig nicht behoben werden. Soll dann die Verantwortung für die Vorstandsvergütung der Hauptversammlung obliegen? Das würde das Problem praktisch sicherlich nicht lösen, sondern nur verlagern. Vielleicht genügt ja - wie von der Bundesregierung vorgesehen - die Konkretisierung der rechtlichen Lage durch eine Gesetzesänderung, um den Beteiligten ihre Pflichten vor Augen zu führen? Wie sieht es mit dem Vorschlag aus, Angemessenheitskriterien für die Vorstandsvergütung in der Satzung zuzulassen (was bisher nicht möglich ist) und insofern den Aufsichtsrat bei seiner Entscheidung zu binden?