Rechtsextrem organisierte Jugendliche - welche Zahlen stimmen?
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Herr von Heintschel-Heinegg hat schon die KFN-Studie zur Diskussion gestellt, nämlich zu ihrem Hauptthema: Jugendgewalt. Anders als in den Medien bislang überwiegend als (vermeintliche) Erkenntnis aus der Polizeilichen Kriminalstatistik präsentiert wurde, ist die Gewalt Jugendlicher zahlenmäßig eher rückläufig. Eine Annahme, die unter Kriminologen schon länger vermutet wurde.
Allerdings ist ein anderes Ergebnis derselben Studie mit Sorge aufgenommen worden. Nach der KFN-Studie sind 3,8 % aller Neuntklässler Mitglied in einer rechtsextrermen Organisation.
Nach einer Berechnung von David Schah wären das allein ca. 22000 Neuntklässler in Deutschland. Rechnet man auf andere Jahrgänge hoch, wäre das insgesamt eine Zahl von organisierten Rechten, die weit über der Schätzung des Verfassungschutzes läge. Die taz zweifelt deshalb in diesem Artikel auch an den Zahlen der KFN-Studie zum Organisierungsgrad der Neuntklässler.
Aber: Sind die Zahlen wirklich vergleichbar? Andere haben schon darauf hingewiesen: Die KFN-Studie von Baier/Pfeiffer (hier herunterzuladen) besagt nicht, welche Gruppen überhaupt dazu gehören. Das wäre auch nicht angezeigt, schließlich kann man Jugendlichen in einer solchen Studie nicht eine Liste mit über 100 Organisationen vorlegen. Es wurde schlicht gefragt, ob sie "Mitglied in einer rechten Gruppe oder Kameradschaft seien", so jedenfalls der wiedergegebene Text der Fragestellung. Die Definition, was eine "rechte Gruppe" ist, überließ man damit den Befragten. Es könnten deshalb viele Jugendliche auch ihre "rechte" Jugendclique als eine solche Gruppierung angegeben haben. Der Vergleich mit Mitgliedschaft in politischen Parteien oder Gewerkschaften wäre dann aber wohl kaum zulässig.
In der taz wird auch Eberhard Seidel, Geschäftsführer der Initiative "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", zitiert: "In der Studie vom Kriminologischen Forschungsinstitut ist nicht von Affinität die Rede, sondern ganz klar von Mitgliedschaft in Organisationen."
Man mache sich selbst ein Bild.