Dein Name sei Djehad
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Sie (Albanerin) und er (Deutscher, ägyptischer Herkunft) bekamen 2005 einen Sohn und nannten ihn Djehad.
Der Standesbeamte aber wollte diesen Namen nicht eintragen und so riefen sie das Amtsgericht an.
Dieses holte bei der Uni Leipzig (Universität Leipzig, Gesellschaft für Namenskunde e.V., Namensberatungsstelle, Augustusplatz, 04109 Leipzig) ein Gutachten ein. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei Djehad um einen anerkannten arabischen männlichen Vornamen handelt, dessen Bedeutung darin bestehe, sich anzustrengen, sich zu bemühen, für Gott bzw. gegen Unterdrückung zu kämpfen.
Das AG wies den Standesbeamten daraufhin an, den Namen einzutragen. Das Kindeswohl sei nicht beeinträchtigt. Auch wenn das Wort Djehad in dieser oder ähnlicher Schreibweise mit „Heiliger Krieg“ übersetzt werde, spreche dies nicht gegen die wirksame Erteilung des Vornamens Djehad, weil es sich hierbei erkennbar um einen Vornamen handele und nicht um die Bezeichnung für „Heiliger Krieg“.
Beschwerde und weitere Beschwerde blieben erfolglos.
Das Kammergericht führt aus:
Nicht für durchschlagend hält der Senat den Hinweis, eine Beeinträchtigung des Kindeswohls durch den gewählten Vornamen Djehad sei deshalb zu befürchten, weil der Begriff „Djehad“ insbesondere nach den Anschlägen vom 11. September 2001 mit der Planung von Terroranschlägen islamistischer Fanatiker in Verbindung gebracht wird. In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass sog. Assoziativnamen, die die Allgemeinheit mit bestimmten Vorstellungen, Gegenständen und Personen verbindet, für den Namensträger belastend sein können, weil hieraus negative Wirkungen des Namens zu befürchten sind (Staudinger/Coester a.a.O. Rdnr. 68 m.w.N.). Ob der Vorname im konkreten Fall eine Last für das Kind ist, hängt nicht zuletzt von der sozialen Umwelt des Kindes ab. Vor allem geht es dabei um die Frage, ob und inwieweit die Gefahr besteht, dass das Kind im Schulalter wegen des Namens Nachteile erleidet, die sich hindernd auf das ganze Leben des Betroffenen auswirken können, während sich ein erwachsener Namensträger der Nachteile, die mit einem belastenden Vornamen verbunden sind, im Zweifel zu entledigen weiß (vgl. Schweizerisches Bundesgericht a.a.O.). Die Beschwerdeführerin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Beteiligte zu 3) in Deutschland wohnt und, soweit ersichtlich, ein Wechsel des Wohnsitzes in ein islamisches Land auch nicht beabsichtigt ist. Andererseits ist es aber anerkannt, dass im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit eines bestimmten Vornamens zu berücksichtigen ist, welche Bedeutung er in dem Kulturkreis hat, aus dem er stammt. So entsprach es der Rechtsprechung, für die Frage, ob ein Vorname das Geschlecht des Kindes erkennen lässt (zur Aufgabe dieses Erfordernisses vgl. BVerfG FamRZ 2009, 294 f.), auf dem Sprachgebrauch im Herkunftsland abzustellen und nicht darauf, ob ein Name nach hiesigen Sprachgebrauch eher auf einen weiblichen oder einen männlichen Vornamen hindeutet (BGHZ 73, 239, 242; Senat a.a.O.). Der Senat verkennt nicht, dass der Begriff „Dschihad“ von radikalen Islamisten im Sinne eines bewaffneten Kampfes gegen „Ungläubige“ auch mit den Mitteln des Terrors verwendet wird. Dies ist jedoch, wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, nur eine Deutung des Begriffes, was auch das von der Beschwerdeführerin selbst im Schriftsatz vom 21. März 2007 eingereichte Dossier zum Stichwort „Heiliger Krieg“ belegt. Danach „verstehen die meisten muslimischen Rechtsgelehrten unter dem wörtlich mit Anstrengung oder Abmühen übersetzten Dschihad die Verpflichtung zu einem geistigen und gesellschaftlichen Einsatz zur Verbreitung des Glaubens“. Muslime sollen den Dschihad sowohl mit dem „Herzen“ (gegen sich selbst), der „Zunge und Hand“ (zur Überzeugung und als Beispiel für andere) sowie mit dem „Schwert“ führen. Krieg dürfe nach dieser Auslegung nur gegen Angreifer, also ausschließlich zur Verteidigung und zum Schutz geführt werden. Erst im Laufe der islamischen Religionsgeschichte seien weltliche Kämpfe und Kriege zum Dschihad hochstilisiert worden.
Handelt es sich demnach bei „Djehad“ um eine im Arabischen auch als männlicher Vorname gebräuchliche Bezeichnung für eine religiöse Pflicht der Gläubigen, so kann der Umstand, dass diese Bezeichnung in der aktuellen Entwicklung von religiösen Fanatikern und Terroristen für sich in Anspruch genommen wird, keine Einschränkung des Rechts der Eltern begründen, diesen Namen für ihr Kind als Vornamen zu bestimmen.
Kammergericht Beschluss vom 30.06.2009 (1 W 93/07)