Öffentliche Video-Fahndung des BKA: Erfolg oder Panne? (Antwort: Panne!)
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Die gestern gestartete Videofahndung nach einem Verdächtigen, der Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben soll, hat laut Pressemeldungen von heute Nachmittag zu einem schnellen Erfolg geführt. Der Mann wurde angeblich eindeutig identifiziert und festgenommen.
Aber:
Erstens: Das Video stammt von 1993, d.h. die in dem Video dargestellten Taten sind möglicherweise schon verjährt (§ 78 Abs.3 Nr.3 StGB). Gibt es tatsächliche Anhaltspunkte für die spekulative Vermutung der Staatsanwaltschaft Gießen, der Mann habe auch danach noch Straftaten begangen? Möglicherweise § 184 b StGB? Aber dass solche Videos auch Jahrzehnte später noch kursieren, bedeutet nicht, dass der Täter selbst sie immer noch in Umlauf bringt. Zumal allein für diesen Vorwurf eine Öffentlichkeitsfahndung wohl nicht verhältnismäßig wäre.
Zweitens: Laut einer Meldung von heute Nachmittag um 15.00 Uhr ist der Mann schon 1994 verurteilt und wegen dieser Tat in der Forensischen Psychiatrie untergebracht worden. Stimmt das, woran man aber wegen der Quelle (Bild-Zeitung) noch zweifeln kann (alle anderen Presseorgane melden derzeit (16.00 Uhr) noch einen Erfolg der Fahndung), wäre das schnelle Fahndungsergebnis tatsächlich kein Erfolg mehr, sondern eher eine Panne (via lawblog)
(Update. Nun melden es auch andere Medien: BKA und StA Gießen haben hier offenbar einen großen Bock geschossen!)
Link zum Blogbeitrag (Prof. Dr. v. Heintschel-Heinegg) zur früheren BKA-Fahndung nach einem Sexualstraftäter.