Generalbundesanwalt ermittelt wegen der möglichen völkerstrafrechtlichen Konsequenzen zum Luftschlag auf die zwei Tank-Lastwagen in Afghanistan
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Vielleicht wird die bisherige unzutrefffende politische Sprachregelung in Sachen Afghanistan-Einsatz nun durch die Bundesanwaltschaft korrigiert: Wegen der möglichen völkerstrafrechtlichen Konsequenzen des von dem deutschen Oberst Klein am 4.9.2009 angeordneten Luftangriffs mit zwei US-Kampfjets mit bis zu 142 Toten auf zwei Tank-Lastwagen in der Nähe von Kundus/Afghanistan hat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden am 6.November 2009 das Verfahren dem Generalbundesanwalt vorgelegt. Die Bundeswehr hatte die Anordnung mit der Befürchtung gerechtfertigt, dass die Taliban mit den Tanklastwagen einen Anschlag auf das deutsche Lage Kundus verüben könnten.
Die Dresdner Ermittler schließen nicht aus, dass in Afghanistan derzeit ein bewaffneter Konflikt i.S. des Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB) stattfinde; vgl. § 8 Abs. 2 lit. b, c, d und e VStGB. Wenn dieser bewaffnete Konflikt tatsächlich so zu charakterisieren sei, würde dies nicht nur zur Anwendung des VStGB, sondern auch die Regeln des humanitären Völkerrechts führen.
Über den Zwischenfall liegt inzwischen ein als geheim eingestufter Untersuchungsbericht der NATO vor. Hochrangige NATO-Offiziere erklärten am 5.9.2009 gegenüber der Deutschen Presse-Agentur dpa in Brüssel, dass Oberst Klein seiner Anordnung nach Ansicht von NATO-Ermittlern gegen Befehle und Dienstanweisungen verstoßen habe. Vor allem hätte er nicht selbst die Bombardierung durch US-Kampfjets anordnen dürfen. Diese Entscheidung hätte nur der Kommandeur der Afghanistan-Schutztruppe ISAF General Stanley McChrystal treffen dürfen.
Der gestrigen Presse zu entnehmen war, bezeichnet Verteidigungsminister zu Guttenberg in Luftschlag als "militärisch angemessen". Zwar habe es Fehler bei der Einhaltung der Einsatzregeln gegeben, doch komme er zu dem Schluss, dass "selbst wenn es keine Verfahrensfehler gegeben hätte, hätte es zu dem Luftschlag kommen müssen." (Quelle FAZ vom 7.11.2009 Nr. 259 S. 1).