PC-Muffel nach 40 Jahren Betriebszugehörigkeit entlassen
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb (§ 23 KSchG) können auch bei sehr langer Betriebszugehörigkeit entlassen werden, ohne dass darin ein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) läge. Das hat das LAG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 9.9.2009 - 3 Sa 153/09 im Falle eines Arbeitnehmers entschieden, der keine Ausbildung absolviert, aber eine Lese- und Rechtschreibschwäche hat und deshalb u.a. keinen PC bedienen kann.
Der 55 Jahre alte Arbeitnehmer war seit nahezu 40 Jahren bei einem Autohaus mit angeschlossener Reparaturwerkstatt beschäftigt und stets in der Werkstatt eingesetzt. Er besitzt keinen Führerschein. Im November 2008 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 30.6.2009. Aufgrund eines Umsatzeinbruchs von 70 % müsse sie Personalkosten reduzieren. Sie habe sich für eine Kündigung des Klägers entschieden, weil dieser wegen der zunehmenden Elektronisierung der Autos und der Tatsache, dass er weder einen PC noch elektronische Messgeräte bedienen könne, immer weniger einsetzbar sei. Mangels Führerscheins könnten ihm auch keine Probefahrten übertragen werden.
Da das KSchG auf den Kleinbetrieb der Arbeitgeberin keine Anwendung findet, war die Kündigung lediglich am Maßstab von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu messen. Hiergegen verstößt eine Kündigung u.a. dann, wenn sie auf willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruht. Diesem Maßstab hält die Kündigung nach Überzeugung des LAG Schleswig-Holstein stand. Eine Treuwidrigkeit der Kündigung folge weder aus der langen Betriebszugehörigkeit des Klägers, seinem Lebensalter, noch seiner sozialen Schutzbedürftigkeit. Diese Umstände allein ließen die Kündigung nicht als willkürlich oder sachfremd erscheinen. Entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers ergebe sich eine Treuwidrigkeit der Kündigung auch nicht daraus, dass die Beklagte den Kläger nicht fortgebildet hat. Der Arbeitgeber könne nicht für die fehlende (Weiter-)Qualifikation des Arbeitnehmers verantwortlich gemacht werden. Es sei vielmehr ureigene Aufgabe des Arbeitnehmers, seine Weiterqualifizierung im Blick zu behalten und ggf. den Arbeitgeber um die Finanzierung einer Weiterbildung zu bitten.