"Das Internet vergisst nicht" - BGH: Sedlmayr-Mörder bleiben im Internet präsent
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Einen Beitrag im Internet gänzlich zu löschen, ist derzeit nicht möglich. Gleichwohl versuchen aus nahe liegenden Gründen (anschaulich SPIEGEL Nr. 51 vom 14.12.2009 S. 123 ff) es immer mehr Menschen, sie betreffende Beiträge (von ihnen selbst verfasst oder von Dritten ins Netz eingestellt) mit Hilfe der Justiz, Daten aus dem Netz (teilweise) zu entfernen.
So hat der u.a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gestern in zwei Urteilen (Urteile vom 15,12.2009 - VI ZR 227/08 und VI ZR 228/08; bislang liegt nur die Pressemitteilung vor) entschieden, dass die im Jahr 1993 wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten (beide Verurteilte wurden im Sommer 2007 bzw. Januar 2008 auf Bewährung entlassen) von Deutschlandradio nicht verlangen können, es zu unterlassen, in dem für Altmeldungen vorgesehenen Teil des Internetauftritts www.dradio.de Mitschriften nicht mehr aktueller Rundfunkbeiträge weiterhin zum Abruf bereitzuhalten, in denen im Zusammenhang mit der Tat der Name der beiden Verurteilten genannt wird.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg, aber eben nicht beim BGH. Die Karlsruher Richter werteten den Mord an dem Schauspieler als einen der spektakulärsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Damit sei gerechtfertigt, dass die Namen der Täter auch Jahre nach dem Mord im Internet auf Abruf bereitgehalten werden. Die Veröffentlichung der Namen sei zwar ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Recht auf freie Meinungsäußerung seien aber hier höher zu bewerten.
Im konkreten Fall geht also die Pressefreiheit der Resozialisierung vor! Ein Thema, das uns sicher noch länger beschäftigen wird.