Entscheidungsgründe zur Tariffähigkeit der CGZP liegen vor
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Der 1. Senat des BAG hat nunmehr die Entscheidungsgründe des für die Leiharbeitsbranche hochbedeutsamen Beschlusses vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10, zur Pressemitteilung vgl. schon den Blog-Beitrag vom 14.12.2010) vorgelegt. Diese sind mit großer Spannung erwartet worden, da man sich Aufschluss über die weiteren Folgen für Ansprüche aus der Vergangenheit erhoffte. Hintergrund ist eine Bestimmung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, wonach – kurz gesagt – Leiharbeitnehmer genauso bezahlt werden müssen, wie die Stammarbeitnehmer des Entleihunternehmens. Von diesem sog. Equal-pay-Grundsatz kann jedoch durch Tarifvertrag abgewichen werden. Um von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, ist im Dezember 2002 die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) gegründet worden. Diese Tarifgemeinschaft hat in der Folgezeit zahlreiche Tarifverträge abgeschlossen, die das für die Stammarbeitnehmer der Entleiher geltende Entgeltniveau regelmäßig deutlich unterschritten. Die Tariffähigkeit der CGZP ist jedoch von Anfang an bezweifelt worden. Das BAG hat nun – wie schon aus der Pressemitteilung ersichtlich – entschieden, dass der CGZP keine Tariffähigkeit zukomme. Sie sei insbesondere keine tariffähige Spitzenorganisation, da ihre Mitglieder ihr die Tariffähigkeit nicht vollständig vermittelt hätten und ihr Organisationsbereich über den ihrer Mitglieder hinausgehe. Der Organisationsbereich der Mitglieder, nämlich der CGM, der DHV und der GÖD, erfasse weder für sich allein noch bei einer Gesamtschau sämtliche Arbeitsverhältnisse im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. § 1 Abs. 1 der DGZP-Satzung. Welche Folgen hat diese Entscheidung nun für die Vergangenheit? Eine rechtskräftige Entscheidung über den Status der CGZP in der Vergangenheit liegt nicht vor. Denn das BAG betont ausdrücklich, dass die Feststellungsanträge „auf die Gegenwart gerichtet und nicht vergangenheitsbezogen“ sind (vgl. Rdnr. 33, 52 und 63). Gleichwohl wird aus den Entscheidungsgründen deutlich, dass der Satzungsmangel bereits seit Dezember 2005 vorliegt, so dass eine Neubewertung für mehrerer Jahre geboten ist. Die Rechtsfolge mangelnder Tariffähigkeit besteht nach ganz h.M. in der Nichtigkeit gleichwohl abgeschlossene Tarifverträge. Von daher müssen sich die Verleihunternehmen auf die Nachzahlung von Entgeltdifferenzen und Sozialabgaben in beträchtlicher Höhe einstellen. Schon warnt der Hauptgeschäftsführer der BDA, Alexander Gunkel, die notwendigen Rückstellungen seien ein „akutes Problem“ für die betroffenen Zeitarbeitsunternehmen und ihre Kunden. Die Nachforderungen – von Seiten der betroffenen Leiharbeitnehmer sind allerdings entsprechende gerichtliche Klagen notwendig – können dem Vernehmen nach in die Milliarden gehen. Einigen Zeitarbeitsunternehmen dürfte damit eine baldige Insolvenz drohen. Ver.di bezeichnete die Entscheidung als „wichtigen Schritt“, um die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer zu verbessern.