BGH löst „Scheinproblem“ - oder: kennt der BGH alle seine Entscheidungen?
Gespeichert von Dr. Klaus Lützenkirchen am
Seitdem feststeht, dass die Minderung von der Bruttomiete erfolgt, streiten sich die Gelehrten, ob der so errechnete Minderungsbetrag bei der laufenden Miete auf die Grundmiete oder anteilig auch auf die Vorauszahlungen für die Betriebskosten anzurechnen ist (statt aller: Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 10. Aufl., § 536 BGB Rz. 350 f.). Die wohl herrschende Meinung verlangt eine anteilige Verrechnung.
Der BGH weist richtigerweise darauf hin, dass es sich um ein Scheinproblem handelt (BGH v. 13.4.2011 – VIII ZR 223/10). Indem die Minderungsquote auch auf das Ergebnis der Betriebskostenabrechnung angewendet wird, um eine Jahressollmiete zu ermitteln, müssen die geleisteten Zahlungen diesem Soll nur gegenübergestellt werden, um den „Nachzahlungsbetrag“ zu ermitteln. Dabei spielt es dann keine Rolle mehr, ob der tatsächlich geleistete Betrag in allen seinen Elementen (anteilig) gekürzt wurde oder die Minderung nur auf die Grundmiete angerechnet wurde (vgl. Bieber, GE 2006, 687 mit Beispielen).
Ob diese Auffassung kritischer Nachprüfung standhält, muss bezweifelt werden. Beispiel: Grundmiete 800 €, Vorauszahlung 200 €, Minderung 20% (für 12 Monate), Abrechnungsergebnis 3.000 €.
Wird die Minderung nur auf die Grundmiete verrechnet, ergibt sich eine Nachforderung aus der Abrechnung von 0 € (= 3.000 € - 20% - 2.400 €).
Wird die Minderung anteilig angerechnet, besteht eine Nachforderung von 480 € ([3.000 € - 20%] – [12 x 200 € - 20%]). Zwar ist die Grundmiete in diesem Fall entsprechend höher, so dass unter dem Strich beide Ergebnisse gleich sind. Indessen kann in dem ersten Fall (Nachforderung 0 €) nach Ablauf der Abrechnungsfrist nicht mehr nachgebessert werden (BGH v. 17.11.2004 –VIII ZR 115/04).
Mithin liegt scheinbar doch kein Scheinproblem vor.