LAG Hessen: Fluglotse verliert wegen Gefährdung des Luftverkehrs seinen Arbeitsplatz
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Nach einem am 26.07.2011 als Pressemitteilung veröffentlichten Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts darf ein Flugsicherungsunternehmen einen Fluglotsen fristlos kündigen, der seine Pausen nachts mehrfach um 20 Minuten bis eine Stunde überzieht, wodurch sein Arbeitsplatz im Tower unbesetzt bleibt.
Fluglotse überzog seine nächtlichen Pausen mehrfach um bis zu einer Stunde
Der Kläger ist 35 Jahre alt und seit April 2001 als Fluglotse beschäftigt. Seit April 2004 war er im Tower eines süddeutschen Flughafens eingesetzt. In der Nachtschicht ist dort nach den einschlägigen Vorschriften zur Flugsicherung eine Besetzung von zwei Fluglotsen vorgeschrieben. Die Pausen von je zwei Stunden sind abzusprechen. Jeder Fluglotse muss auch in der Pause erreichbar bleiben.
Mit Hilfe von Videoaufzeichnungen stellte die beklagte Arbeitgeberin fest, dass der Kläger entgegen seinen Eintragungen im Arbeitsplatznachweis an vier Nächten im August 2009 und in einer Nacht im September 2009 die Towerkanzel länger als zwei Stunden verlassen hatte und die Pausen einmal um 20 Minuten, einmal um 45 Minuten und zweimal um etwa eine Stunde überzogen hatte. Daraufhin kündigte sie fristlos.
Kündigung bedurfte keiner vorherigen Abmahnung
Im Gegensatz zum Arbeitsgericht hat das LAG die Klage abgewiesen. Nach seiner Überzeugung hatte der Kläger allein "um seiner Bequemlichkeit zu frönen" seinen Arbeitsplatz übermäßig lange verlassen und damit die Sicherheit des Luftverkehrs akut gefährdet. Dem Kläger sei bekannt gewesen, welche Risiken entstehen können, wenn nicht genügend Fluglotsen am Platz sind. Er habe auch gewusst, dass es gerade deshalb sechs Wochen zuvor nachts zu einer gefährlichen Annäherung zweier Flugzeuge auf dem Flughafen Frankfurt am Main gekommen war. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger seinen Arbeitsplatznachweis falsch ausgefüllt habe und so den Eindruck erwecken wollte, er habe die Pausen vorschriftsmäßig genommen.
Die Pflichtverletzung wiege so schwer, dass eine vorherige Abmahnung überflüssig gewesen sei. Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass seine Arbeitgeberin diese Vertragsverstöße keinesfalls hinnehmen würde.