Sex auf Dienstreise: Ein Arbeitsunfall?
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Eine australische Regierungsangestellte verlangt vom dortigen Unfallversicherungsträger ComCare Entschädigung, weil ihr während einer Dienstreise beim Sex in einem Motel ein gläserner Lampenschirm ins Gesicht fiel. Dieser war vom Kopfende des Bettes auf sie herabgestürzt und hatte der Frau Verletzungen an Nase, Mund und Gebiss zugefügt. Außerdem klagt sie über psychische Folgen des Unfalls. Weil ComCare den Anspruch ablehnt, muss sich nun ein Gericht in Sydney mit der Angelegenheit befassen. Das berichtet Spiegel Online.
"Normaler Vorfall" oder "ihr eigener Spaß"?
Die Klägerin argumentiert, der Unfall habe sich bei einem "normalen Vorfall, der üblicherweise nachts in Motelzimmern stattfindet" ereignet. Ihr Anwalt ergänzt: Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, eine offizielle Erlaubnis einzuholen, um mit jemandem ihr Hotelbett zu teilen. "Wir leben schließlich nicht mehr in den zwanziger Jahren" zitiert Spiegel Online ihren Prozessbevollmächtigten.
ComCare sieht das anders. Der Geschlechtsverkehr sei nicht Teil der Dienstreise gewesen, sondern "ihr eigener Spaß". Daher werde man die Abweisung der Klage beantragen: Regierungsangestellte müssten etwas essen, schlafen und Körperpflege betreiben können, aber "man braucht keinen Sex zu haben".
Deutsches Unfallversicherungsrecht würde keinen Schutz gewähren
Nach deutschem Recht hätte die Klägerin übrigens keine allzu guten Karten: Allein der Umstand, dass man (oder frau) auf einer Dienst- oder Geschäftsreise gezwungen ist, sich an einem fremden Ort in einer fremden Umgebung aufzuhalten, begründet den Unfallversicherungsschutz nicht. Ausnahmsweise kann eine "privatwirtschaftliche Verrichtung" (so ist tatsächlich der Fachterminus, auch wenn das BSG ihn sicher in einem weiteren Sinne verstanden wissen wollte) versichert sein, wenn der Reisende gezwungen ist, sich bei seiner privaten Lebensgestaltung am Aufenthaltsort Risiken auszusetzen, die ihm während seines normalen Verweilens am Wohn- oder Beschäftigungsort nicht begegnet wären. Voraussetzung ist allerdings zum einen, dass die am Ort der auswärtigen Beschäftigung bestehende Gefahrenquelle sich bei solchen privaten Verrichtungen des täglichen Lebens auswirkt, die auch während einer Dienst- oder Geschäftsreise zwangsläufig anfallen, mit der Folge, dass sich der Versicherte der Gefährdung nicht entziehen kann. Dagegen begründen Gefährdungen, denen sich der Reisende bei privaten Unternehmungen am Aufenthaltsort freiwillig aussetzt, keinen Versicherungsschutz. Erforderlich ist zum anderen, dass es sich um eine Gefahrenquelle handelt, die in ihrer besonderen Eigenart dem Versicherten am Wohn- oder Betriebsort nicht begegnet wäre (Nachweise zur Rechtsprechung bei Rolfs in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2011, § 8 SGB VII Rn. 9a).
(Vielen Dank an Matthias Böse für den Link!)