Klage gegen Diplomaten wegen Ausbeutung einer Hausangestellten abgewiesen
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Das Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg (Urteil vom 9. November 2011 – 17 Sa 1468/11) hat eine Lohn- und Schadensersatzklage einer ehemaligen Hausangestellten in Höhe von 70.000 Euro gegen einen saudischen Attaché als unzulässig abgewiesen. Der Diplomat soll seine Hausangestellte zu einer Arbeitsleistung an sieben Tagen in der Woche mit Arbeitszeiten von bis zu 20 Stunden am Tag angehalten haben, ohne dass die vereinbarte Vergütung, Unterkunft und Verpflegung gezahlt bzw. gewährt worden sei; hierbei sei es ständig zu körperlichen Misshandlungen und Erniedrigungen gekommen. Das LAG hat die Klage für unzulässig gehalten. Diplomaten genössen nach § 18 GVG Immunität von der deutschen Zivilgerichtsbarkeit und könnten während der Dauer der Immunität auch bei – tatsächlich oder angeblich – schweren Rechtsverletzungen nicht gerichtlich in Anspruch genommen werden. Die Diplomatenimmunität sei seit langem völkerrechtlich anerkannt und unverzichtbar für die Pflege und Sicherung der zwischenstaatlichen Beziehungen. Jede Beeinträchtigung der Diplomatenimmunität gefährde die diplomatischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland, an deren Sicherung ein überragendes Gemeinwohlinteresse besteht. Einem Missbrauch der Immunität könne deshalb nur mit diplomatischen Mitteln begegnet werden. Hierin liege weder ein Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentum (Art. 14 GG) noch werde das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt. Das LAG hat die Revision zugelassen. Das Verfahren wirft ein Schlaglicht auf die prekäre Situation von Hausangestellten des Botschaftspersonals einiger Länder. Offenbar handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Sowohl Heike Rabe, Koordinatorin des Projekts "Zwangsarbeit heute" am Deutschen Institut für Menschenrechte, als auch Anwalt Jürgen Kühling kündigten in einem Gespräch mit sueddeutsche.de an, den Instanzenweg auszuschöpfen. Geht es nach ihnen, bildet das BAG ohnehin nicht den Endpunkt des Verfahrens. "Wir werden es auf alle Fälle zum Bundesverfassungsgericht tragen", sagte Rabe. "Wir wollen grundsätzliche Fragen stellen in dem Prozess", bekräftigte auch Anwahl Kühling. Die Klägerin sei gedemütigt und als Sklavin gehalten worden. "Ich finde, dass das in unserem Land nicht passieren darf - jedenfalls nicht ohne Entschädigung", sagte Kühling weiter. In Fällen solch schwerer Menschenrechtsverletzungen und sogar von Sklaverei müssten Vertragsbestimmungen der diplomatischen Immunität zurücktreten.