Hatte der Tote zwei Kinder?
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Der Ehemann war im Jahr 2010 hochbetagt verstorben. Die 81-jährige Witwe und seine erwachsene Tochter ließen ihn Feuer bestatten.
12 Tage nach dem Tod erschien ein 1969 geborener Mann und behauptete, der Verstorbene sei sein nichtehelicher Vater.
Er leitete ein entsprechendes Vaterschaftsfeststellungsverfahren ein. Das Gericht ordnete die Einholung eines schriftlichen DNA-Gutachtens unter Einbeziehung des Antragstellers, dessen Mutter, der Witwe und der ehelichen Tochter an.
Hiergegen wehrte sich die Tochter. Sie sei nicht bereit, in einem Prozess gegen ihre Mutter als Beweismittel zu dienen. Als Tochter habe sie ein Zeugnisverweigerungsrecht. Deshalb müsse ihr auch das Recht zustehen, eine körperliche Untersuchung zu verweigern, die als Beweismittel in einem Verfahren gegen ihre Mutter verwendet werden solle. Im Übrigen habe die Art des Vorgehens des Antragstellers nach 23 Jahre langer Wartezeit bis kurz nach dem Tod des Putativvaters sehr wohl Einfluss auf die Prüfung der Zumutbarkeit.
Dem schloss sich das OLG München nicht an.
Nach § 178 I FamFG hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben zu dulden, soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, es sei denn, dass ihr die Untersuchung nicht zugemutet werden kann. Zur Duldung verpflichtet ist jede Person, die für den zu erbringenden Nachweis der Abstammung in Betracht kommt. Das können auch Angehörige wie die leiblichen Eltern eines verstorbenen Mannes sein, dessen Vaterschaft behauptet wird. Denn in den so genannten Defizienzfällen, in denen die Untersuchung eines der beiden Elternteile nicht möglich ist, kann es notwendig sein, Eltern, Geschwister oder andere Kinder des Elternteils in die Untersuchung einzubeziehen.
Wird in einem Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft nach einem verstorbenen Mann die erforderliche Erstellung eines Gutachtens unter Einbeziehung eines Abkömmlings des Verstorbenen angeordnet, kann dieser den Einwand der Unzumutbarkeit der Mitwirkung weder auf die wahrscheinlichen finanziellen Auswirkungen einer Vaterschaftsfeststellung (Pflichtteilsanspruch gegenüber seiner Mutter als Witwe) stützen noch darauf, dass der volljährige Antragsteller bereits zu Lebzeiten des Verstorbenen ausreichend Zeit gehabt hätte, das Feststellungsverfahren einzuleiten, dies aber aus familiären Rücksichten unterlassen habe.
OLG München v. 27.06.2011 - 33 UF 942/11