Buback-Mordprozess - Verena Becker will aussagen
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Die Strafverteidiger von Verena Becker haben heute angekündigt, ihre Mandantin werde sich am 14. Mai "umfassend zur Sache äußern" (Quelle Focus, Auszug)
Becker werde etwa 15 bis 20 Minuten lang sprechen. „Sie kann einige Sachen so nicht stehenlassen“, sagte der andere Verteidiger Hans Wolfgang Euler außerhalb des Verhandlungssaals. Becker werde sich „umfassend zur Sache äußern. Sie wird sich nicht verstecken“. Auf die Frage, was Becker sagen werde, antwortete Euler: „Sie wird sagen: ja oder nein.“
Ob dies "eine sensationelle Wende" (Focus) im Prozess auslösen wird, erscheint mir allerdings fraglich. Gisela Friedrichsen auf SPON - zollt ihr jedenfalls schon einmal vorab "Respekt" (!?) - wofür eigentlich jetzt schon?
Also erst einmal abwarten. Eine Sensation wäre es wohl tatsächlich, wenn Becker gestehen würde, die Schützin gewesen zu sein, wie Michael Buback vermutet. Denn es gibt zwar einige Indizien (zierliche Person als Schütze/Tatwaffe bei ihr gefunden/vorhandene Motorradfahrkünste), aber keine Beweise, geschuldet v.a. der damaligen fragwürdigen Ermittlungsarbeit, merkwürdigen Lücken in den Akten, zudem Geheimhaltung der Verfassungsschutzaufzeichnungen auch noch nach 35 Jahren). Und die Bundesanwaltschaft machte in der Hauptverhandlung nicht unbedingt den Eindruck, als sei ihr, die man zum Jagen tragen musste, eine Verurteilung Beckers ein besonderes Anliegen. Auch für die ihr in der Anklage vorgeworfenen Tatbeiträge (Auskundschaften des Tatortes, Versenden der Bekennerbriefe, psychische Hilfeleistung) gibt es wohl nicht allzu viel Verwertbares (immerhin aber DNA am Briefumschlag).
Es erscheint ebenfalls relativ unwahrscheinlich, dass Frau Becker konkrete andere Personen aus der RAF nennt, die auf dem Motorrad saßen.
Schließlich ebenfalls unwahrscheinlich ist, dass sie vollständig darüber Auskunft gibt, wie ihre Zusammenarbeit mit dem VS aussah.
Aber dass sie aussagt, wo sie selbst sich am 7. April 1977 aufgehalten hat und dass sie über ihre Rolle in der RAF Auskunft gibt und dabei insbesondere den Angaben Boocks widerspricht, lässt sich vermuten. Ob man ihr dann glaubt, ist eine andere Frage. Michael Buback hat sich mehrfach dahingehend geäußert, dass es ihm nicht darum geht, Frau Becker erneut in den Strafvollzug zu bringen. Wenn sie ein nachweisbares Alibi hat für den Tattag, dann wäre der Prozess aus seiner Sicht wohl zu Ende. Ob sie Briefe zugeklebt hat, interessiert ihn nicht. Die Frage, wer seinen Vater erschossen hat, bliebe dann trotzdem offen.
Vgl. auch:
diesen Beitrag im Beck-Blog
Kommentar von Armin Conrad (3sat)
Kommentar von Holger Schmidt (swr)