Tachinierer sollen via Facebook entlarvt werden
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Ich muss zugestehen, bis gestern nicht gewusst zu haben, was ein Tachinierer ist. Das österreichisch-deutsche Wörterbuch (so etwas gibt's!) übersetzt das für Preußen wie mich als "Faulenzer, Drückeberger".
Worum geht's?
Im Krankenstand eine Discothek besucht und feucht-fröhliche Fotos gepostet
Die Wiener Tageszeitung "Der Standard" berichtet über eine Initiative der Wirtschaftskammer Oberösterreich, besagte Tachinierer künftig via Facebook überführen zu wollen. Konkreter Anlass hierfür war der Fall einer Kellnerin, die während einer Krankschreibung Bilder auf Facebook gepostet hatte, die sie fröhlich feiernd auf einer Party zeigen. Von Beginn an hatte es Zweifel an ihrer Arbeitsunfähigkeit gegeben. Nachdem sie von einem praktischen Arzt krankgeschrieben worden war, wurde sie auf Veranlassung der Wirtschaftskammer nochmals zur Untersuchung vorgeladen, aber auch der Chefarzt hielt sie für arbeitsunfähig. Noch vor ihrer Genesung besuchte die Frau ein Tanzlokal in Linz und veröffentlichte die Fotos auf Facebook.
Wirtschaftskammer: "vorsätzlicher Betrug am Arbeitgeber"
Die Wirtschaftskammer Oberösterreich echauffierte sich in einer Pressemitteilung, es handele sich um einen "klassischen Krankenstandmissbrauch, durch Facebook sorgfältig dokumentiert und an Unverfrorenheit kaum noch zu überbieten". Die Kammer wolle "Sozialmissbrauch dieser Art" künftig regelmäßig öffentlich machen. Laut ihres Präsidenten Trauner gebe es 234.000 missbräuchlich in Anspruch genommene Krankenstandstage pro Jahr allein im mit rund 1,4 Mio. Einwohnern drittgrößten Bundesland Oberösterreich. "Das ist vorsätzlicher Betrug am Arbeitgeber, aber auch gegenüber jenen vielen seriösen Arbeitnehmern, für die ein Krankenstand stets der letzte Ausweg ist", so Trauner.
Tu felix Austria?
In Deutschland wäre einer entsprechenden Initiative wohl wenig Erfolg beschieden: Erstens ist es einem krankgeschriebenen Arbeitnehmer keineswegs verwehrt, sich in "Tanzlokalen" zu amüsieren, solange dies dem Genesungserfolg nicht abträglich ist (was z.B. bei psychischen Erkrankungen durchaus nicht der Fall sein muss). Und zweitens ist der Rückgriff auf Facebook-Einträge dem Arbeitgeber nicht ohne weiteres gestattet, wie Markus Stoffels unlängst hier im Beck-Blog berichtet hat.