OVG Münster: Cannabisanbau im Badezimmer zu medizinischen Zwecken?
Gespeichert von Dr. Jörn Patzak am
Darf man Cannabis im Badezimmer (oder sonst wo) anbauen? Grundsätzlich nicht, da es sich bei Cannabis um ein nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel der Anlage I zum BtMG handelt. Der Anbau ist damit in der Regel nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG strafbar.
Es gibt aber Ausnahmen: Nach § 3 Abs. 2 BtMG kann das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auch eine Erlaubnis zum (dann straflosen) Umgang für Betäubungsmittel der Anlage I erteilen, wenn dies zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erfolgt. Dies kann z.B. ein wissenschaftliches Forschungsprojekt sein, wozu u.a. das Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger zwischen 2001 und 2007 gehörte.
Unter „anderes öffentliches Interesse“ kann beispielweise die notwendige medizinische Versorgung einzelner oder mehrerer Patienten fallen, etwa die Versorgung Schwerkranker mit Cannabis. Mit einem solchen Fall beschäftigte sich nach einem Bericht der Westfälischen Nachrichten jüngst das OVG Münster (s. dazu hier). Ein unter Multipler Sklerose Leidender hatte beim BfArM die Genehmigung beantragt, Cannabis zur Behandlung seiner Krankheit zu Hause im (besonders gesicherten) Badezimmer anbauen zu dürfen. Gegen die ablehnende Entscheidung klagte er mit Erfolg vor dem VG Köln, wogegen das BfArM vor das OVG Münster zog. Mit Erfolg: Das BfArM muss den Cannabisanbau nicht genehmigen, da dem Betroffenen mit Dronabinol eine alternative Medizin zur Verfügung steht, die von der Krankenkasse bezahlt wird. Hierzu konnte sich die Krankenkasse wohl in letzter Sekunde durchringen, nachdem sie zuvor lange Zeit die Kostenübernahme verweigert hatte.
Zur Erinnerung: Seit Inkrafttreten der 25. BtMÄndV am 18.5.2011 können Cannabiszubereitungen, die als Fertigarzneimittel zugelassen sind, als verschreibungsfähige Betäubungsmittel der Anlage III von Ärzten verordnet werden. Am 1.7.2011 wurde mit dem THC-haltigen Mundspray Sativex ein erstes Cannabisfertigarzneimittel in Deutschland zugelassen, das bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik aufgrund einer Multiplen Sklerose angewendet wird.