Richter sollten sich für die Wahrheit interessieren
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Während Fritz Teufel weiland vor Gericht aufstand, weil er einen Kausalzusammenhang zwischen Aufstehen und Wahrheitsfindung nicht gänzlich ausschließen wollte, zeigte sich ein Zivilrichter in Chemnitz an der Wahrheitsfindung erst gar nicht interessiert.
Jedenfalls lehnte er es ab, einen Beweisantrag in das Protokoll aufzunehmen. Nachdem der Anwalt des Beklagten dem Richter vorgehalten hatte, dass auch er der Wahrheitsfindung verpflichtet sei, entgegnete dieser: „Die Wahrheit interessiert mich nicht.“
Ein Befanghenheitsantrag blieb bei LG und OLG Dresden erfolglos.
Erst das BVerfG stellte klar, dass der Richter mit seiner Äußerung bekundet habe, dass er an der Erfüllung einer wesentlichen richterlichen Amtspflicht nicht interessiert sei. Nicht tragfähig sei auch die Annahme des OLG Dresden, die Äußerung des Richters, dass ihn die Wahrheit nicht interessiere, sei als Reaktion auf eine sachwidrige Beeinflussung durch den Beklagtenvertreter hinzunehmen, der die Pflicht zur Wahrheitsfindung als Druckmittel eingesetzt habe, um den Richter zur Anhörung des Zeugen zu bewegen. Weshalb in dem Hinweis auf eine bestehende Amtspflicht eine sachwidrige Druckausübung liegen solle, sei nicht ansatzweise nachvollziehbar, so die Verfassungsrichter. Sie hoben die Beschlüsse des LG Chemnitz und des OLG Dresden auf und verwiesen das Verfahren an das LG Chemnitz zurück.
BVerfG v. 12.12.2012 - 2 BVR 1750/12