LAG Berlin-Brandenburg zu den Konsequenzen nicht nur "vorübergehender" Arbeitnehmerüberlassung
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
"Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend". So bestimmt es § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der seit 01.12.2011 geltenden Fassung. Das Gesetz lässt aber offen, welche Konsequenzen sich bei einer dauerhaften Überlassung ergeben. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG seien analog anzuwenden, mit der Folge, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher begründet werde.
Das LAG Berlin-Brandenburg hat sich dieser Auffassung in einem jetzt veröffentlichten Urteil jedoch nicht angeschlossen. Geklagt hatte eine Krankenschwester. Sie ist in einem Krankenhaus der Beklagten tätig. Ihre vertragliche Arbeitgeberin ist jedoch nicht der Krankenhausträger selbst, sondern ein (zum selben Konzern gehörendes) Personaldienstleistungsunternehmen (Verleiher). Der Verleiher verfügt über eine Erlaubnis nach dem AÜG. Die Überlassung dauert bereits seit dem 01.08.2008. Kurz nach Inkrafttreten der AÜG-Novelle 2011 hat die Klägerin Klage auf Feststellung erhoben, dass zwischen ihr und dem Träger des Krankenhauses ein Arbeitsverhältnis bestehe. Die Klage hatte vor dem ArbG Brandenburg an der Havel und jetzt auch vor dem LAG Berlin-Brandenburg (Urt. vom 16.10.2012 - 7 Sa 1182/12, BeckRS 2012, 74944) keinen Erfolg:
1. Verfügt der Verleiher über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG, wird auch bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis nicht mit dem Entleiher begründet. Auch wenn in diesen Fällen Arbeitsvermittlung zu vermuten wäre, fehlt es nach Wegfall von § 13 AÜG sowie der Vermutungswirkung in § 1 Abs. 2 Alt. 2 AÜG an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (vgl. BAG v. 28.06.2000, NZA 2000, 160; BAG v. 02.06.2010, NZA 2001, 351).
2. Ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher kann auch nicht im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung von § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 9 Nr. 1 AÜG begründet werden. Im Hinblick auf die langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, in der eine solche Sanktion verneint wurde, ist davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber bei der letzten Änderung des AÜG aufgrund der Richtlinie bewusst gegen eine entsprechende Sanktion entschieden hat.
3. Jedenfalls für Verträge, die vor Änderung von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG abgeschlossen wurden, kann auch kein nach § 242 BGB rechtsmissbräuchliches Schein- oder Strohmanngeschäft angenommen werden.
Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen.