Mario Götze und der böse Rapsong
Gespeichert von Fabian Reinholz am
Heute einmal ein Beitrag zum Thema Persönlichkeitsrechte:
Im Fußball kochen bekanntermaßen die Emotionen schnell hoch. Den Wechsel des Fußballers Mario Götze von Borussia Dortmund zu Bayern München haben ihm viele übel genommen. Mit dem Liebesentzug müssen (und konnten) gute Bundesligafußballer seit Jahrzehnten leben, wenn sie dem Ruf des FC Bayern folgen. Es ging schon anderen so (Lothar Matthäus, Manuel Neuer).
Aus Sicht von Mario Götze haben ein paar junge Musiker den Bogen überspannt. Es geht um einen Rap-Song der Gruppe „Kopfnuss“, der sich in derber Sprache über den Vereinswechsel und Mario Götze auslässt. Es fallen Worte wie „verpiss Dich nach München, Du Drecksratte“, „Judas, der bei Uli am P… hängt“, „geldgeiles Stück Sch…“, „Bist ne F…“. Der Song war auf Youtube und Facebook abzurufen und verbreitete sich schnell.
Nach Presseberichten lies Mario Götze die Musiker abmahnen und geht nun offenbar auch gerichtlich vor. Sein Anwalt verlangt Unterlassung und Schadensersatz.
Er dürfte richtig liegen. Der Liedtext ist Ausdruck einer (ersichtlich nicht besonders hohen) Meinung (über Mario Götze). In einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage (das ist ein solcher Spielerwechsel in Deutschland ohne Frage) sind Meinungsäußerungen aber von Art. 5 Abs. 1 GG geschützt auch wenn sie scharf bisweilen gar polemisch daherkommt, insbesondere wenn die Kritik ihre Grundlage im Verhalten des Betroffenen hat. Da das ganze in einem Song verpackt ist ist auch Art. 5 Abs. 3 GG (Kunstfreiheit) zu beachten.
Mario Götze hat nichts Falsches getan. Er hat den Arbeitgeber gewechselt, hat von einer günstigen Vertragsklausel gebrauch gemacht - sein gutes Recht. Fans des BVB sind nun aber enttäuscht und frustriert über den Wechsel des besten Spielers, ausgerechnet zum Erzkonkurrenten, ausgerechnet am Tag vor dem Championsleague-Halbfinale in der Presse verkündet. Das gute Recht der Fans. Kritische Äußerungen muss sich Mario Götze da gefallen lassen, auch harsche Worte (in solchen Fällen oft gebraucht und wohl unbedenklich: „Judas“, „Verräter“). Der Fußball hat seine eigenen Gesetze.
Rechtswidrig sind Meinungsäußerungen - auch wenn sie Teil einer künstlerischen Darbietung sind - hingegen, wenn die Grenze zur Schmähkritik überschritten ist, d.h. wenn durch die Wortwahl keine Auseinandersetzung mit der Sache, sondern in einer bloßen Diffamierung der Person besteht (so das BVerfG, 26.06.1990, NJW 1991, 95, 96). Fußball hin oder her – der Songtext liegt jenseits dieser Grenze, selbst wenn man berücksichtigt, dass Rappersprache in der Regel sehr (sagen wir mal) „direkt“ ist und der Song sich an anderen Stellen auch ohne sprachliche Entgleisungen mit dem Wechsel von Götze auseinandersetzt. Dies stellt aber den Sachbezug nicht mehr her. Im Mittelpunkt steht die Diffamierung des Fußballers Mario Götze.