"Innerdeutsches Internet": Fällt die Deutsche Telekom bald aus allen (Schengen-) Clouds?
Gespeichert von Dr. Axel Spies am
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Rechtzeitig zum Beginn des rheinischen Karneval fand heute in Bonn der zweite „Cyber Security Summit“ oder auch „IT-Gipfel“ statt. In dessen Rahmen hat sich Telekom Chef Obermann erneut für ein „innerdeutsches Internet“ stark gemacht. Danach soll ein Gesetz künftig sozugen Auslandsreisen von deutschen Datenpaketen verhindern, wenn Sender und Empfänger in Deutschland ansässig sind. Der Plan des „National Routing“ wird wohl auch in den Koalitionsverhandlungen auftauchen.
Ferner ist auch ein sogenanntes „Schengen-Routing“ im Gespräch. Unter anderem der IT-Branchenverband Bitkom hat sich dafür ausgesprochen, zu prüfen, ob die Datendurchleitung von E-mails („Routing“) innerhalb des Schengen-Raums mehr Sicherheit schaffen kann als ein Routing via transatlantischer Kabel über Netzwerkrechner in den USA.
Das hätte eine Reihe von möglicherweise negativen Folgen für den deutschen Endnutzer: So könnte ein nationales Netz bedeuten, dass es nur noch die Telekom als Anbieter gäbe. In Deutschland ist sie der größte Anbieter von Leitungen, auch in Europa ist ihr Netz riesig. Diese potentielle Marktmacht könnte das Unternehmen nutzen, um von allen anderen für den Transport der Daten Geld zu verlangen. Schließlich suchen sich bei Internet-Verbindungen das Datenpaket normalerweise den schnellsten, nicht notwendigerweise den kürzesten Weg zum Empfänger. Ein Schengen-Routing bedeutet dass die Daten möglicherweise nicht über den schnellsten Weg zum Empfänger gelangen. Die Folgen: Verzögerungen, verminderte Bandbreite usw.
Aus rechtlicher Warte ist zu fragen:
- Wie groß ist die Gefahr des Ausnutzens einer marktbeherrschenden Stellung (§§ 19 bis 21 GWB), wenn die Pläne Wirklichkeit werden ? Die DTAG würde ja wohl dieses Netz kontrollieren und könnte entsprechende Entgelte heraufsetzen.
- Und wie sieht es mit der immer wieder auf den Schild gehobenen Grundsatz der Netzneutralität aus ? Dazu der neue § 2 Abs. Nr. 2 TKG: “Sie [die Bundesnetzagentur] gewährleistet, dass es im Bereich der Telekommunikation, einschließlich der Bereitstellung von Inhalten, keine Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen gibt.“ Führt das „Schengen-Internet“ zu einem Zweiklassen-Internet: ein wahrscheinlich überlastetes und jetzt schon gedrosseltes „innerdeutsches Internet“ unter der Kontrolle von DTAG und eine weltweite, Stau-freie, aber sicher nicht abhörsichere Datenautobahn?
- Wäre ein Schengen-Internet“ daher mit Artikel 56- 62 AEUV, EU-Dienstleistungsfreiheit, vereinbar? Die britischen Anbieter stünden auf dem deutschen Mark mit ihren Angeboten im Regen… Warum soll gerade „Schengen“ der Maßstab sein - ein Abkommen, in dem es um die Passkontrolle geht. Spioniert Frankreich nicht auch? Die für die IT-Sicherheit zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission Neelie Kroes , als streibare Verfechterin des "Single Market" für Breitbanddienste, warnte beim IT Gipfel davor : "Es macht keinen Sinn, bald 28 Clouds in Europa zu haben. Wir können den globalen Markt nicht erobern, wenn wir unsere Daten in nationalen Grenzen einsperren."
Was meinen Sie: Führt dies nicht alles zu einer Re-Monopolisierung des deutschen Marktes? Das Beispiel könnte in anderen Ländern Schule machen…