Wann ist Zeitarbeit "vorübergehend"?
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Diese Frage gehört zu den derzeit umstrittensten des deutschen Arbeitsrechts (zusammenfassend zuletzt Nießen/Fabritius NJW 2014, 263 ff.). § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG bestimmt seit Ende 2011, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher vorübergehend erfolgt. Unklar ist u.a., ob das Gesetz damit (nur) die längerfristige Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers verbietet, oder ob es (sogar) unzulässig ist, auf einer dauerhaft zur Verfügung stehenden Stelle immer wieder ("vorübergehend") andere Leiharbeitnehmer zu beschäftigen. Unklar sind ferner die zulässige Zeitspanne der Beschäftigung und die Rechtsfolgen ihrer Überschreitung.
Die Trägerin eines Krankenhauses hatte eine Stelle für eine/n Gesundheits- und Krankenpfleger/in in der Gerontopsychiatrie zu besetzen. Die Stelle stand unbefristet zur Verfügung. Externe Bewerberinnen und Bewerber wurden allerdings darauf hingewiesen, dass die Einstellung nicht durch die Trägerin selbst, sondern durch die AHP GmbH und die Beschäftigung sodann im Wege der Arbeitnehmerüberlassung erfolge. Die AHP GmbH stellte Frau K ein. Die Krankenhausträgerin beantragte bei ihrem Betriebsrat, Frau K für die Dauer eines Jahres auf der Stelle beschäftigen zu können. Betriebsverfassungsrechtlich handelt es sich hierbei um eine "Einstellung" i.S. von § 99 Abs. 1 BetrVG, auch wenn individualrechtlich gar kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet wird. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung, weil die personelle Maßnahme seiner Auffassung nach gegen das Gesetz verstieß (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG). Die Krankenhausträgerin beantragte die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung (§ 99 Abs. 4 BetrVG).
Ihr Antrag hatte vor dem LAG Hamburg Erfolg:
Der Begriff "vorübergehend" in § 1 Abs. 2 AÜG ist arbeitnehmer-, nicht arbeitsplatzbezogen. Eine vorübergehende Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen ist also nicht grundsätzlich verboten.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das LAG die Rechtsbeschwerde zugelassen.
(LAG Hamburg, Beschluss vom 4.9.2013 - 5 TaBV 6/13, BeckRS 2013, 75020)