LAG Hessen: Zeugnis im Wege der einstweiligen Verfügung
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Die Erteilung oder Berichtigung eines Zeugnisses (§ 109 GewO) kann ausnahmsweise auch im Verfahren der einstweiligen Verfügung (§§ 935, 940 ZPO) verlangt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass entweder der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer überhaupt kein Zeugnis erteilt hat oder dass das erteilte Zeugnis als Grundlage für eine Bewerbung bereits beim ersten Hinsehen ausscheidet.
Auf dieser Grundlage hat das Hessische LAG dem Antrag eines Arbeitnehmers auf Zeugnisberichtigung entsprochen. Der Verfügungskläger war von 2011 bis 2013 bei der Beklagten am Flughafen Frankfurt mit verschiedenen Servicetätigkeiten betraut, insbesondere Flugzeugbewachung und -durchsuchung. Zum 30.6.2013 schied er auf eigenen Wunsch aus. Die Arbeitgeberin erteilte ihm ein Zeugnis, in dem es u.a. hieß:
Sein Verhalten gegenüber Kollegen war jederzeit korrekt. Vertrauliche Angelegenheiten behandelte Herr W stets mit der erforderlichen Diskretion.
Der Kläger ist mit der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung des Zeugnisses nicht einverstanden.
Zur Überzeugung des Gerichts ist das Zeugnis offenkundig lückenhaft. Es enthält nämlich lediglich eine Bewertung des Verhaltens gegenüber seinen Kollegen, nicht aber seinen Vorgesetzten und den Kunden. Daher war die einstweilige Verfügung zu erlassen.
Keinen Erfolg hatte der Kläger allerdings mit seinem Begehren, ihm eine "gute" Gesamtbeurteilung ("stets zu unserer vollen Zufriedenheit") zukommen zu lassen. Sowohl gegenüber Vorgesetzten als auch gegenüber Kunden hatte er sich, wie die Arbeitgeberin im Einzelnen dargelegt und glaubhaft gemacht hatte (§ 294 ZPO), gelegentlich fehlerhaft verhalten. Wohl auch deshalb hatte die Arbeitgeberin in dem beanstandeten Zeugnis (lediglich) das "jederzeit korrekte" Verhalten gegenüber den Kollegen dokumentiert.
Hessisches LAG, Urt. vom 17.2.2014 - 16 SaGa 61/14, BeckRS 2014, 68627