Gutachten: geplante gesetzliche Frauenquote ist in Teilen verfassungswidrig
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Die geplante gesetzliche Frauenquote weist eine Vielzahl verfassungsrechtlicher Mängel und Probleme auf. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten für die Stiftung Familienunternehmen von Kay Windthorst, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bayreuth, der den Referentenentwurf aus dem Bundesjustiz- und Bundesfamilienministerium geprüft hat.
Der Entwurf eines „Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ verlangt von börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen, dass sie sich selbst bis zum 30. Juni 2015 feste Zielvorgaben für den Frauenanteil geben. Betroffen davon sind die Führungsebenen vom Aufsichtsrat bis zu zwei Ebenen unterhalb des Vorstands in rund 3.500 Unternehmen.
Prof. Kay Windthorst plädiert in seinem Gutachten dafür, die Vorgaben für die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstandes zu streichen. Es bestünden grundsätzliche Bedenken im Hinblick auf Konsistenz, Bestimmbarkeit und praktischer Realisierbarkeit der Zielvorgaben. „Angesichts der personellen Veränderungsdynamik auf diesen Ebenen ist es in der Praxis für den Vorstand kaum möglich, für zwei oder drei Jahre im Voraus festzulegen, wie hoch der künftige Frauenanteil sein wird“, erläutert Windthorst.
Auch bei der ab 2016 geltenden 30-Prozent-Quote für den Aufsichtsrat in Unternehmen, die börsennotiert und mitbestimmt sind, bestehen laut Gutachten verfassungsrechtliche Probleme: Die starre Quote muss zum Beispiel um eine Härtefallklausel ergänzt werden für Unternehmen, bei denen die Anteile in der Hand weniger Personen liegen. Dabei geht es in erste Linie um Familienunternehmen, bei denen die Geschlechterquote zur Konsequenz haben kann, dass das Letztentscheidungsrecht der Familiengesellschafter im Aufsichtsrat entfällt oder erheblich beeinträchtigt wird. Eine Unangemessenheit ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Quote dazu führt, dass ein Unternehmen wegen des Verlustes der Einwirkungsrechte der Familiengesellschafter seinen Status als Familienunternehmen einbüßt.“
Außerdem sollte das Gesetz eine Ausnahmeklausel für den Fall vorsehen, dass wie z. B. in der Bau- und Schwerindustrie nicht mindestens 30 Prozent ausreichend qualifizierte Frauen für die zu besetzenden Aufsichtsratsmandate tatsächlich zur Verfügung stehen.
Schließlich sei auch die vorgesehen Sanktionierung von Verstößen gegen die Geschlechterquote nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang zu bringen (Stichwort: „leerer Stuhl“ für das quotenwidrig besetzte Mandat und Nichtigkeit der Blockwahl).
Ob der Gesetzgeber sich von diesen verfassungsrechtlichen Bedenken beeindrucken lassen wird, bleibt abzuwarten.