Keine Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anbringung einer Kamera-Attrappe
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Dass die Anbringung von Videokameras zur Überwachung von Arbeitnehmern der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, ist allgemein anerkannt. Wie aber ist zu entscheiden, wenn der Arbeitgeber lediglich eine Attrappe einer Videokamera anbringen will. Dazu äußert sich in einer neueren Entscheidung das LAG Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 12.11.2014, BeckRS 2014, 74307). Der Sachverhalt stellt sich wie folgt dar: Der Arbeitgeber betreibt eine Klinik. Er hatte am Hinterausgang des Klinikgebäudes ohne Beteiligung des Betriebsrats eine Kamera-Attrappe angebracht. Der Betriebsrat hält diesen Vorgang für mitbestimmungspflichtig und beantragt die Einsetzung einer Einigungsstelle. Das LAG gibt indes dem Arbeitgeber recht. Zunächst verneint es ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Es scheide aus, da die Kameraattrappe jedenfalls objektiv nicht geeignet sei, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Auch eine analoge Anwendung von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verbietet sich. Denn nach Sinn und Zweck von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sei der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers vor Eingriffen durch anonyme technische Kontrolleinrichtungen bezweckt. Derartige Eingriffe seien von einer Attrappe ersichtlich nicht zu erwarten. Auch ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei nicht ersichtlich. Gegenstand von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei das betriebliche Zusammenleben der Arbeitnehmer, welches der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen und Anordnungen beeinflussen und koordinieren könne. Der Geltungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei vorliegend bereits deshalb nicht eröffnet, weil die Anbringung der Attrappe einer Videokamera im Außenbereich auf den ersten Blick keine Auswirkungen auf das innerbetriebliche Zusammenleben der Arbeitnehmer entfalten könne. Auch sei nicht erkennbar, welche konkreten (Mit-)Gestaltungsmöglichkeiten sich diesbezüglich ergeben sollen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu bedenken, dass die Arbeitnehmer nach wie vor den betroffenen Eingang betreten und verlassen können, ohne neuen zusätzlichen Regelungen unterworfen zu sein. Durch die Attrappe werde gerade nicht kontrolliert, wann wer das Gebäude durch den betroffenen Zugang betritt oder verlässt. Dem Betriebsrat sei zwar zuzugestehen, dass in der Literatur vereinzelnd unter Hinweis auf den umfassenden Schutz der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer eine weitergehende Auslegung zum Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG vertreten wird (vgl. beispielsweise DKKWF/Klebe, 14. Auflage, Rn. 57 zu § 87 BetrVG). Jedoch sei auch nach dieser Ansicht die Feststellung einer objektiv tatsächlich vorgenommenen Kontrolle erforderlich.