Kündigung im Kleinbetrieb: Krankheitsbedingte Kündigung auch nach langer Beschäftigung nicht treuwidrig
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
In Betrieben mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern besteht kein allgemeiner Kündigungsschutz nach dem KSchG (§ 23 Abs. 1 KSchG). Hier bedarf der Arbeitgeber für seine Kündigung also keiner sozialen Rechtfertigung (§ 1 Abs. 1 KSchG). Die Kündigung darf allerdings nicht gegen andere zwingende Vorschriften verstoßen, beispielsweise nicht unter Verstoß gegen das AGG diskriminieren, nicht sitten- oder treuwidrig sein (§§ 138, 242 BGB).
Auf dieser Grundlage hat das LAG Schleswig-Holstein die Kündigungsschutzklage einer 48 Jahre alten Notariatsangestellten abgewiesen. Die Klägerin ist seit 1994 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Rechtsanwalts- und Notarfachangestelle mit Schwerpunkt im Notariat tätig. Die Beklagte beschäftigt in ihrer Rechtsanwalts- und Notarkanzlei einschließlich der Klägerin fünf Arbeitnehmer. Seit Mitte Juli 2013 ist die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Nachdem mindestens ein Telefonat über den Zeitpunkt ihrer Rückkehr an ihren Arbeitsplatz geführt worden war, kündigte die Beklagte mit am 30.9.2013 zugegangenem Schreiben das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 30.4.2014. Anfang April 2014 besetzte sie den Arbeitsplatz neu. Die Klägerin rügt die Kündigung als treuwidrig (§ 242 BGB). Sie lasse ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme vermissen.
Das ArbG Lübeck hat die Klage erstinstanzlich abgewiesen. Die Berufung blieb ohne Erfolg:
1. Die Kündigung einer 19 Jahre lang beschäftigten Mitarbeiterin in einem Betrieb mit 5 Arbeitnehmern ist nicht treuwidrig, wenn die Mitarbeiterin bei Zugang der Kündigung bereits längere Zeit erkrankt ist (hier: 2,5 Monate) und auf Nachfrage keine Angaben zu einem möglichen Zeitpunkt der Wiedergenesung machen kann, wenn eine befristete Ersatzeinstellung wegen der Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht möglich ist und die Arbeitskraft - wie regelmäßig - dringend benötigt wird.
2. § 242 BGB verlangt in diesem Fall nur, dass ein "irgendwie einleuchtender" Grund für die Kündigung vorliegt, eine dreistufige Prüfung nach den Grundsätzen der sozialen Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG erfolgt nicht.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
(LAG Schleswig-Holstein, Urt. vom 14.10.2014 - 1 Sa 151/14, BeckRS 2015, 65410)