FBI-Skandal durch fehlerhafte Haaranalysen – Von den Tücken forensischer Analyse
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Lange Zeit galten Haaranalysen fast unangefochten als entscheidendes Beweismittel in der Forensik. Wurde ein Haar des Verdächtigen am Opfer oder ein Haar des Opfers beim Verdächtigen gefunden, dann war – wie zumal auch Krimileser wissen – die Verurteilung so gut wie sicher. Allerdings kamen im Jahr 2012 in den USA aufgrund eines Berichts in der Washington Post Zweifel auf, dass mit den Haaranalysen des FBI etwas nicht stimme. Doch erst jetzt kommt das ganze Ausmaß eines der größten forensischen Skandale in den USA so langsam ans Licht.
Laut Washington Post haben FBI und Justizministerium bislang 268 Gerichtsurteile (insgesamt geht es um 2.500 Gerichtsurteile aus den Jahren 1985 bis 2000) untersucht, in denen FBI-Forensiker eine Haaranalyse vorlegten, bei denen sich die Gutachter offenbar auf einen optischen Vergleich der Proben unter dem Mikroskop (Vergleich von Farbe, Verteilung der Farbpigmente und Schuppenstrukturen) und missverständliche Statistiken verließen und deshalb die Übereinstimmung von Haarproben mit „großer Gewissheit“ bejahten.
Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind erschütternd:
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In 95 % der Fälle war die Haaranalyse fehlerhaft und haben vermutlich zur Verurteilung unschuldiger beigetragen.
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Unter anderem wegen fehlerhafter FBI-Gutachten wurden 32 Angeklagte zum Tode verurteilt und 14 davonwurden hingerichtet oder starben im Gefängnis.
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26 von 28 Forensikern haben fehlerhafte Gutachten erstattet.
Im deutschen Sprachraum wies schon im Jahr 1985 Berthold Haller in Archiv für Kriminologie Bd. 176 S. 109 ff darauf hin, dass selbst unter idealen Bedingungen eine von 20 Zuordnungen falsch sei. Die Fehlerquote steige weiter, wenn Haare nahe Verwandte miteinander verglichen werden. Schon vor Erscheinen dieser Studie waren die deutschen Gerichte in der Regel mit Haaranalysen vorsichtig und sahen in der positiven Haaranalyse nur ein Indiz, das für eine Verurteilung für sich allein nicht ausreichte.
Auch wenn die zwischenzeitlich in den USA wie Deutschland angewandte DNA-Analyse wesentlich verlässlicher ist als die in den USA praktizierte Haaranalyse, so erbringt auch die DNA-Analyse nicht in allen Fällen ein absolut sicheres Ergebnis.