Die Flächenabweichung in der 2. Mietrechtsnovellierung
Gespeichert von Dr. Klaus Lützenkirchen am
Irgendwie hat es der Diskussionsentwurf des 2. Mietrechtsnovellierunggesetzes nun doch in die Öffentlichkeit geschafft. Wesentlicher Inhalt sind gesetzliche Bestimmungen zur Flächenabweichung im Zusammenhang mit § 536 BGB, Flächenberechnung bei Mieterhöhung und Betriebskosten, Mieterhöhung wegen Modernisierung und Modernisierung und der Kündigung wegen Zahlungsverzuges. Letzteres hat das Ziel, die Schonfristregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf die (geleichzeitig ausgesprochene) ordentliche Kündigung zu erweitern.
Ich werde die (beabsichtigten) Vorschriften hier nach und nach vorstellen, damit der Stand der Diskussion verfolgt und – im besten Fall – beeinflusst werden kann.
Heute also Flächenabweichung:
Die Rechtsprechung des BGH ist bekannt. Danach begründet die Abweichung von mehr als 10% der tatsächlichen Mietfläche von der Vereinbarten ein Minderungsrecht nach § 536 Abs. 1 BGB in Höhe der Abweichung (BGH v. 24.3.2004 – VIII ZR 295/03, NJW 2004, 1947; BGH v. 10.3.2010 – VIII ZR 144/09, NJW 2010, 1745 m.w.N.). Das soll jetzt Gesetz werden als Sätze 4 und 5 in § 536 Abs. 1 BGB:
„Besteht der Mangel der Mietsache in einer Unterschreitung der vereinbarten Fläche, kommt eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit nur in Betracht, wenn die Abweichung der tatsächlichen von der vereinbarten Fläche höchstens 10 Prozent beträgt. Bei einer Abweichung von höchstens 10 Prozent trägt der Mieter die Beweislast für Umstände, die eine erhebliche Minderung der Tauglichkeit begründen.“
Dies bedeutet zunächst nichts Neues. Satz 4 spiegelt die zitierte Rechtsprechung des BGH wieder. Unter 10% liegende Abweichungen konnten auch schon bisher einen Mangel begründen, wenn der Mieter zusätzliche Umstände anführen konnte, die die Annahme einer erheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung rechtfertigten (KG v. 5.2.2009 – 12 U 122/0; KG v. 15.8.2005 – 8 U 81/05; s.a. AG Dortmund v. 26.11.2013 – 425 C 7773/12). Auch die Beweislastverteilung ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen.
Bemerkenswert sind aber die Beispiele, die in der Begründung des (kommenden) Gesetzentwurfes angeführt werden. Danach soll eine Gebrauchsbeeinträchtigung bestehen, wenn „der Mieter seine Möbel aufgrund der kleineren Fläche nicht wie geplant stellen kann oder die Wohnung unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes zu klein ist für die vom Mieter gehaltenen Haustiere“.
Muss der Mieter danach einen Plan vorlegen, wie er seine Möbel stellen wollte? Diesen kann er doch nur anhand einer Grundrissskizze der Wohnung erstellen, die regelmäßig den (abweichenden) Flächeninhalt hat!? Woher weiß der Mieter, an welcher Stelle z.B. die 5 qm fehlen? Oder reicht es aus vorzutragen, in meiner bisherigen Wohnung von 100 qm konnte ich im Schlafzimmer neben dem Bett zwei Beistelltische aufstellen und in der neuen Wohnung, die dieselbe Fläche haben soll, nur einen?
Bei der Tierhaltung wird der Mieter im Rahmen des § 536 Abs. 1 BGB zunächst vortragen müssen, dass die Tierhaltung überhaupt zulässig ist. Wann ist dann aber eine Fläche unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes zu klein? Die Tierschutz-Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 (BGBl. I S. 838), in der Fassung der Verordnung vom 12. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4145) sieht in § 5 (Anforderungen an das Halten in Räumen) z.B. keine bestimmte Raumgröße vor, sondern stellt nur bestimmte Anforderungen an die Belichtung der Räume und ihre klimatischen Bedingungen. Mindestgrößen sind nur für Zwinger (§ 6) vorgesehen.
Was folgt daraus?
1. Die regelung ist überflüssig.
2. Rechtsanwälte werden nicht arbeitslos.
3. Der Phantasie bei Gebrauchsbeeinträchtigungen sind keine Grenzen gesetzt.
Ich favorisiere die Eheleute, die alle Möbel aus ihrer alten Wohnung aufstellen konnten, nun aber die Fläche von z.B. 5 qm fehlt, um Zuhause das im Tanzkurs Erlernte zu üben. Wahrscheinlich ist die Minderung in diesem Fall aber auf die Dauer des Tanzkurses beschränkt (zum periodischen Mangel vgl. BGH v. 15.12.2010 – XII ZR 132/09, NZM 2011, 153).