Kräutermischungen = Tabakerzeugnisse? Spätestens seit dem 20.5.2016 ist Schluss damit!
Gespeichert von Dr. Jörn Patzak am
Nachdem der EuGH entschieden hatte, dass Kräutermischungen mit synthetischen Zusätzen, die konsumiert werden, um einen Rauschzustand zu erzielen (sog. Legal Highs), keine Arzneimittel i.S.d. AMG sind, stellte sich die Frage, ob es denn Tabakerzeugnisse nach dem Vorläufigen Tabakgesetz (VTabakG) sein könnten.
Die Anwendung des VTabakG auf solche Kräutermischungen bejaht haben der 5. Strafsenat des BGH (s. meinen Beitrag vom 30.11.2014) und der 2. Strafsenat des BGH (Beschl. v. 23.12.2015, 2 ARs 434/14 = BeckRS 2016, 02361). Anderer Auffassung ist der 3. Strafsenat des BGH (s. meinen Beitrag vom 18.4.2015).
Egal wie, mit der Anwendbarkeit des VTabakG ist jetzt auf jeden Fall Schluss. Denn das VTabakG ist am 20.5.2016 außer Kraft getreten und durch das Tabakerzeugnisgesetz ersetzt worden. Dieses enthält keine dem VTabakG entsprechenden Strafvorschriften mehr. Darauf weist der 3. Strafsenat in seinem Beschluss vom 25.5.2016, 5 StR 107/14 (BeckRS 2016, 11274) hin, in dem es wie folgt heißt:
„Soweit die verwendeten Cannabinoide zur Tatzeit nicht als Betäubungsmittel definiert waren, wäre nach der durch den Senat vertretenen Auffassung - an der festgehalten wird -, eine Strafbarkeit wegen gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen unter Verwendung nicht zugelassener Stoffe in Betracht gekommen (§ 52 Abs. 2 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 VTabakG). Jedoch ist das Vorläufige Tabakgesetz nach Art. 8 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse vom 4. April 2016 (BGBl. I S. 569, 584) am 20. Mai 2016 außer Kraft getreten. Das mit diesem Artikelgesetz neu eingeführte, im Wesentlichen gleichfalls am 20. Mai 2016 in Kraft getretene Gesetz über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (Tabakerzeugnisgesetz - TabakerzG) vom 4. April 2016 (BGBl. I S. BGBL Jahr 2016 I Seite 569) enthält keine Strafbestimmungen, die den § 52 Abs. 2 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 VTabakG inhaltlich entsprechen, also das Inverkehrbringen von pflanzlichen Raucherzeugnissen unter Verwendung nicht zugelassener Stoffe pönalisieren. Die in § 34 Abs. 1 Nr. 9 und 10 TabakerzG aufgenommenen Strafvorschriften betreffen vielmehr den - hier nicht einschlägigen -Schutz vor irreführenden Vertriebsformen (§ 18 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, 2 TabakerzG). Entsprechendes gilt für die Verordnung über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (Tabakerzeugnisverordnung - TabakerzV) vom 27. April 2016 (BGBl. I 980). Mangels Unrechtskontinuität können die Taten des Angeklagten damit nicht mehr unter dem Aspekt des verbotenen Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen ähnlichen Waren bzw. nach neuer Terminologie (vgl. § 2 Nr. 1, 2 TabakerzG) von verwandten Erzeugnissen strafrechtlich geahndet werden (§ 2 Abs. 3 StGB).“
Einer Entscheidung über die vorgenannten unterschiedlichen Rechtsauffassungen der BGH-Senate bedarf es damit nicht mehr…