Religiosität schützt vor GEZ-Gebühr nicht
Gespeichert von Prof. Dr. Claus Koss am
Angeblich soll Titus seinem Vater, dem römischen Kaiser Vespasian, ein Geldstück aus der römischen Latrinensteuer unter die Nase gehalten haben - "pecunia non olet" (Geld stinkt nicht) soll dessen Antwort gewesen sein.
Der Pastor einer freikirchlichen Gemeinde hatte vor dem Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) gegen die Pflicht zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen ('GEZ-Gebühren') geklagt. Seit dem 1. Januar 2013 knüpft die Beitragspflicht nicht mehr an das Bereithalten eines Empfangsgerät an, sondern an das Innehaben einer Wohnung im Bundesgebiet an.
Es sei ihm aus Gewissensgründen nicht zuzumuten, ein Programm zu unterstützen, das er für unmoralisch halte. Weder das Verwaltungsgericht Neustadt (Urteil vom 24.02.2015) noch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seiner Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung (Beschluss vom 16.11.2015) sahen in der Gebührenpflicht keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz noch gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG).
Im jetzt entschiedenen Verfahren hatte der Pastor einen Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus religiösen Gründen gestellt. Es liege ein Härtefall vor. Es sei ihm nicht zuzumuten, ein Rundfunkprogramm mitzufinanzieren, das seinen religiösen Überzeugungen widerspreche. Ein großer Teil des Unterhaltungsprogramms präsentiere einen aus biblisch-christlicher Sicht inakzeptablen, gottlosen, unmoralischen und damit zerstörerischen Lebensstil. Bibelgläubige Christen und ihr Glaube würden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verunglimpft und lächerlich gemacht.
Außerdem machte er geltend, dass seine Familie habe keinen Fernseher und nutze nicht einmal ein Radio. Wenn er sich informiere, würde er dies über Internet und DVDs tun.
Das Verwaltungsgericht verwarf die Argumentation der fehlenden Nutzung. Nach neuer Rechtslage kommt es nicht auf das Bereithalten von Geräten an.
Bezüglich der angeführten Gewissensnöte zog das VG die Rechtsprechung zur Steuererhebung heran. Wiederholt hatten Steuerpflichtige aus Gewissensgründen die Zahlung von Steuern verweigert - ohne Erfolg vor den Gerichten. Zwar, so jetzt das VG Neustadt, sei die GEZ-Gebühr keine Steuer (also Abgabe ohne Gegenleistung), der allgemein erhobene Rundfunkbeitrag sei jedoch vergleichbar. Beim Rundfunkbeitrag stehe ebenfalls nicht fest, für welche Programme und Programminhalte der Beitrag des jeweiligen Schuldners verwendet werde. Die Sendetätigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei außerdem gerade geprägt vom verfassungsrechtlich verankerten Gebot der Vielfaltssicherung und der Programmfreiheit der Rundfunkanstalten. Deren Verwirklichung diene auch eine Finanzierungsgarantie, die ihrerseits die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleiste. Deshalb sei es ausgeschlossen, die Vereinbarkeit der Programminhalte mit den Wertvorstellungen der einzelnen Beitragspflichtigen zum Maßstab für die Frage der Zumutbarkeit der Beitragszahlung zu machen.
'Natürlich' klagt auch der Verfasser über die (schlechte) Qualität des öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramms und schaltet lieber ab, als manche Diskussionsrunde länger als 2:30 zu sehen. Dem VG Neustadt ist jedoch zuzustimmen. Ebenso wenig, wie sich der Steuerpflichtige über eine (subjektiv) als schlecht empfundene Politik beklagen und die Steuerzahlungen einstellen kann, zeigen die Erfahrungen aus anderen Ländern, dass eine bestimmte Grundversorgung mit Rundfunk über Pflichtbeiträge effizient sicher gestellt werden kann. Es ist diskutabel, ob die derzeitige Zusammensetzung von Rundfunkräten und Besetzung von Posten die Vielfalt im Programm sichert. Es stellt sich auch die Frage, ob der gebührenfinanzierte Rundfunk alles das machen muss, was auch private Anbieter genauso gut, wenn nicht noch besser können, z.B. zeitungsähnliche Angebote bereitstellen. Das ist aber eine politische Diskussion und keine Frage der Beitragszahlung.