Unterhalt für das volljährige Kind - Wer muss was beweisen?
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Das volljährige Kind verlangt von einem Elternteil die Zahlung von Barunterhalt.
Wer hat den auf den in Anspruch genommenen Elternteil entfallenden Haftungsanteil darzulegen und zu beweisen? Das Kind oder der in Anspruch genommene Elternteil?
Fallgruppe 1:
Der Unterhalt war bislang nicht tituliert.
Verlangt das volljährige Kind erstmalig Ausbildungsunterhalt von einem seiner beiden Elternteile, hat es nach allgemeiner Ansicht grundsätzlich auch die Haftungsanteile gemäß § BGB § 1606 Abs. BGB § 1606 Absatz 3 Satz 1 BGB - und damit das beiderseitige Elterneinkommen - darzulegen und zu beweisen (allgemeine Meinung)
Fallgruppe 2:
Es besteht ein Unterhaltstitel aus der Zeit der Minderjährigkeit. Der Unterhaltspflichtige verlangt im Hinblick auf die Volljährigkeit und die Mithaftung des anderen Elternteils Abänderung.
Nach einer Ansicht soll die Darlegungs- und Beweislast für die Haftungsquote in diesen Fällen bei dem früher allein barunterhaltspflichtigen Elternteil als Abänderungsantragsteller liegen, weil es um eine Verringerung seiner im Ursprungstitel festgelegten Unterhaltspflicht gehe und er sich die für die Berechnung des Haftungsanteils erforderlichen Auskünfte durch Geltendmachung eines auf § BGB § 242 BGB gestützten Auskunftsanspruchs gegen den früheren Betreuungselternteil beschaffen könne (vgl. OLG Naumburg NJW-RR 2009, 79).
Nach der wohl überwiegenden Auffassung verbleibt es bei den allgemeinen Regeln der Beweislast, wenn der abzuändernde Titel aus der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes stammt, so dass das volljährig gewordene Kind als Abänderungsantragsgegner auch im Abänderungsverfahren den Fortbestand seines Unterhaltsanspruchs und damit auch die auf die jeweiligen Elternteile entfallenden Haftungsanteile dartun und beweisen muss (vgl. KG FamRZ 2016, 379).
Der BGH (Beschluss vom 07.12.2016 - BGH Aktenzeichen XII ZB 422/15) hat sich nun der letztgenannten Meinung angeschlossen.
Begehrt somit der während der Minderjährigkeit des Kindes allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit unter Hinweis auf die Mithaftung des früheren Betreuungselternteils Herabsetzung des zur Zeit der Minderjährigkeit titulierten Kindesunterhalts, muss das volljährige Kind als Abänderungsantragsgegner nach den vorgenannten Grundsätzen alle diejenigen Tatsachen darlegen und beweisen, welche den Fortbestand des Unterhaltsanspruchs rechtfertigen sollen und auf die es bei der Erstellung des Ausgangstitels noch nicht angekommen war. Das volljährige Kind muss deshalb - trotz gleichbleibenden gesetzlichen Unterhaltstatbestands (§ BGB § 1601 BGB) - grundsätzlich erstmals den Nachweis erbringen, sich in einer unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Schul- oder Berufsausbildung zu befinden. Seine Darlegungs- und Beweislast umfasst folgerichtig auch die gemäß § BGB § 1606 Abs. BGB § 1606 Absatz 3 Satz 1 BGB auf seine Eltern jeweils entfallenden Haftungsanteile, denn die für den Unterhalt des volljährigen Kindes zu bildende Haftungsquote hängt auch von den Einkommensverhältnissen des früheren Betreuungselternteils ab, die bei der Erstellung des Ursprungstitels noch keine Prognose oder Würdigung erfahren haben. Anders ist es (nur) dann, wenn schon der abzuändernde Titel den Unterhalt des volljährigen Kindes und damit die - nunmehr abzuändernde - Haftungsquote zwischen den Eltern geregelt hat