Nochmals zum Barunterhalt beim Wechselmodell
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Die Eltern praktizieren für ihre Kinder ein „echtes“ paritätisches Wechselmodell.
Der Vater erzielt als leitender Angestellter ein monatliches Nettoeinkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit von 3.564,14 Euro und ist privat kranken- und pflegeversichert. Er wohnt im kreditfinanzierten Eigenheim.
Die Mutter der Antragsteller ist als Optikermeisterin mit 30 Wochenstunden beschäftigt und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von 1.211,82 Euro. Bis zur Trennung der Eltern übte sie zudem beim Arbeitgeber des Antragsgegners eine zusätzliche Geringverdienertätigkeit aus. Sie bezieht das Kindergeld für beide Antragsteller.
Die Kindergartenbeiträge (bis 2013), Hortkosten, Beträge für Musikschule und Tanzkurse sowie Fahrtkosten für den Transport zum Kindergarten und zur Schule werden von den Eltern mit wechselnden Anteilen getragen.
Sie streiten ob vom Vater Barunterhalt zu zahlen ist.
Der BGH geht davon aus, dass die im Rahmen eines Wechselmodells geleistete Kinderbetreuung nicht zur Befreiung von der Barunterhaltspflicht führen.
Nach der Rechtsprechung des Senats bemisst sich der Unterhaltsbedarf beim Wechselmodell nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden Bedarf (Regelbedarf) insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells. Dass zur Ermittlung des Bedarfs nach der Düsseldorfer Tabelle die Einkommen beider Elternteile einbezogen werden müssen, folgt beim Wechselmodell bereits zwingend daraus, dass kein Elternteil von der Barunterhaltspflicht befreit ist. Der Bedarf lässt sich nicht in zwei gesondert zu ermittelnde Beträge aufspalten, die für jeden Elternteil nach dessen jeweiliger alleiniger Unterhaltspflicht zu berechnen wären. Dadurch würde verkannt, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes ein einheitlicher ist und sich grundsätzlich von beiden Elternteilen ableitet.
Wie der Senat inzwischen entschieden hat, liegt auch im Fall des Wechselmodells ein Anwendungsfall des § 1612 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB vor, so dass die Hälfte des Kindergelds gem. § 1612 b Abs. 1 S. 2 BGB den Barbedarf mindert. Der Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gezahlten Kindergelds ist ein Unterfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs, der im Regelfall gem. § 1612 b BGB durch eine Anrechnung des hälftigen Kindergelds auf den Barbedarf des minderjährigen Kindes, die den das Kindergeld nicht beziehenden Elternteil entlastet, erfüllt wird. Die auf den sächlichen Bedarf entfallende Kindergeldhälfte ist folglich auch im vorliegenden Fall auf den Barbedarf anzurechnen.
Der in § 1612 b BGB vorgesehene Mechanismus führt indessen im Fall des Wechselmodells nicht zum vollständigen Ausgleich des Kindergelds. Zwar wird die auf den sächlichen (Bar-)Bedarf des Kindes entfallende Kindergeldhälfte regulär auf den Barbedarf angerechnet und kommt damit den Eltern im Ergebnis entsprechend ihren Beteiligungsquoten zugute. Die auf die Betreuung entfallende Kindergeldhälfte verbleibt hingegen zunächst beim das Kindergeld beziehenden Elternteil und bedarf wegen der gleichwertigen Betreuungsleistungen der Eltern eines gesonderten Ausgleichs. Dies kann zur Vereinfachung auch in Form der Verrechnung der beiderseitigen Leistungen verwirklicht werden, die zu dem Zweck erfolgt, dass ein Elternteil nur noch die nach Abzug der Hälfte des auf die Betreuung entfallenden Kindergeldanteils verbleibende Unterhaltsspitze zu zahlen hat.
BGH v 11.01.17 - XII ZB 565/15 = NZFam 2017, 171