Cannabis auf Rezept – Änderung des BtMG tritt in Kraft
Gespeichert von Dr. Jörn Patzak am
Heute wurde im Bundesgesetzblatt das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften verkündet (BGBl. I, 403). In den Medien wurde bereits Anfang März berichtet, das Gesetz sei in Kraft getreten. Tatsächlich ist dies morgen (10.3.2017) der Fall.
Mit diesem Gesetz wird die Verschreibung von Cannabis in Form von getrockneten Blüten und Extrakten zu medizinischen Zwecken ermöglicht. Hierzu sieht das Gesetz vor, dass in Anlage III, in der die verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel aufgelistet sind, der nach der Position Cannabis folgende Spiegelstrich wie folgt ergänzt wird:
„-nur aus einem Anbau, der zu medizinischen Zwecken unter staatlicher Kontrolle gemäß den Artikeln 23 und 28 Absatz 1 des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe erfolgt, …“
Bislang war ein legaler Erwerb von Cannabisblüten nur mit einer Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 2 BtMG möglich. Eine solche wird nicht mehr benötigt. Die Verantwortung für die Verschreibung, Verabreichung oder Verbrauchsüberlassung liegt nun vielmehr beim Arzt, der entsprechend handeln darf, wenn die Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist (§ 13 Abs. 1 BtMG). Innerhalb von 30 Tagen darf der Arzt 100.000 mg Cannabis in Form von getrockneten Blüten verschreiben (§ 2 Abs. 1 Buchstabe a Nr. 2a BtMVV). Der Erwerb von Cannabis aufgrund ärztlicher Verschreibung in einer Apotheke ist nun straflos möglich (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 BtMG).
Um die Versorgung mit Cannabisarzneimitteln in standardisierter Form künftig sicherzustellen, wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine „Cannabisagentur“ eingerichtet, die die Kontrolle und Überwachung des Cannabisanbaus zu medizinischen Zwecken übernimmt (§ 19 Abs. 2a BtMG n.F.). Bis medizinisches Cannabis in Deutschland verfügbar ist, erfolgt die Versorgung der Patienten – wie bisher – durch Importe, vor allem aus den Niederlanden.
Unter bestimmten Voraussetzungen können die Kosten für Cannabisarzneimittel nun von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden: Dies gilt für schwerwiegend erkrankte Versicherte, wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Arztes nicht zur Anwendung kommen kann. Zudem muss die Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome bestehen. Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist (§ 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V n.F.).
Das BfArM wird beauftragt, eine bis zum 31.3.2022 laufende nichtinterventionelle Begleiterhebung vorzunehmen, wofür die vorhandenen Daten von den behandelnden Ärzten in anonymisierter Form an das BfArM übermittelt werden. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in seinen Richtlinien (§ 31 Abs. 6 Satz 4 bis Satz 9 SGB V n.F.).