Woche des europäischen Arbeitsrechts, Teil 2: Kirchliches Arbeitsrecht
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Heute verhandelt die Große Kammer des EuGH über die Kündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen der (weltlichen) Eingehung einer zweiten Ehe.
Der Kläger, Jahrgang 1962, ist in einem katholischen Krankenhaus seit dem Jahr 2000 als Chefarzt beschäftigt. Seine erste Ehefrau hatte sich 2005 von ihm getrennt, die Ehe wurde 2008 geschieden. Noch im gleichen Jahr heiratete er standesamtlich seine jetzige Ehefrau. Die kirchenrechtliche Annullierung der ersten Ehe wurde ihm versagt. Am 30.3.2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgerecht. Mit der Eingehung der zweiten Ehe habe er gegen die Grundordnung der katholischen Kirche verstoßen.
Die Prozessgeschichte ist etwas umfangreicher als üblich: Seine Kündigungsschutzklage hatte in allen drei Instanzen Erfolg (ArbG Düsseldorf, Urt. vom 30.7.2009 - 6 Ca 2377/09, BeckRS 2012, 66906; LAG Düsseldorf, Urt. vom 1.7.2010 - 5 Sa 996/09, BeckRS 2010, 70725; BAG, Urt. v. 8.9.2011 − 2 AZR 543/10, NZA 2012, 443). Auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat das BVerfG allerdings das letztinstanzliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das BAG zurückverwiesen (BVerfG, Beschl. v. 22.10.2014 – 2 BvR 661/12, NZA 2014, 1387). Das BAG aber mochte dem BVerfG nicht ohne weiteres folgen und hat den EuGH um Vorabentscheidung über die Auslegung von Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 RL 2000/78/EG ersucht, auf dem § 9 Abs. 2 AGG beruht (Vorlagefragen hier im BeckBlog).
Bis der EuGH ein Urteil verkündet, werden sicher noch ein paar Monate ins Land gehen. Man darf gespannt sein, ob der EuGH hier in einen Konflikt mit dem BVerfG geht.