Deniz Yücel „Wir sind ja nicht zum Spaß hier“
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Wegen des Vorwurfs der Terrorpropaganda und der Volksverhetzung saß Deniz Yücel gut ein Jahr in türkischer Haft, bevor er am 16. Februar 2018 wieder in Freiheit kam. Nach seiner Entlassung legte die Staatsanwaltschaft eine Anklage (vermutlich mit diesen beiden Tatvorwürfen) vor.
Vor seiner Inhaftierung waren mir seine Texte nicht bekannt. Dann interessierte ich mich allerdings die Arbeit dieses mutigen Journalisten, für dessen Freilassung sich seine Redaktion und eine immer breitere Öffentlichkeit in so bewundernswerter Weise während der gesamten Zeit seiner Inhaftierung einsetzte.
Wenige Tage vor seiner Entlassung erschien am 14. Februar 2018 ein Buch mit seinen Reportagen. Bemerkenswert ist, dass dieser Vollblutjournalist aus türkischer Haft heraus gemeinsam mit Doris Akrap die Reportagen zusammenstellte, die jetzt in diesem Buch nachgelesen werden können.
Aus strafrechtlicher Sicht interessierten mich aus dem Sammelband zunächst einmal die beiden Texte, die aus Sicht der türkischen Strafverfolger oder klarer: der türkischen Regierung als Vorwurf für seine Inhaftierung herhalten mussten. Das Interview mit dem Vizechef der PKK Cemil Bayik („Ja, es gab interne Hinrichtungen“, S. 122 ff.), das Yücel im nordirakischen Kandil-Gebirge führte, sowie ein Report über den Machtausbau des türkischen Staatspräsidenten (Der Putschist, S. 167 ff.). Beiden Texte mögen der Regierung in Ankara nicht gefallen haben, aber von Terrorpropaganda findet sich da kein Wort!
Unbedingt lesenswert ist dieses Buch aber auch deshalb, weil es vier sehr beeindruckende Texte enthält, die Yücel während seiner Inhaftierung unter großen Schwierigkeiten, wie er näher berichtet, verfasst hat und nach draußen schmuggeln konnte (S. 185 ff.). Wer wenig Zeit zum Lesen findet, sollte jedenfalls den ersten Beitrag lesen, der mit dem Satz endet: „Alle, die ich hier kennen gelernt habe – kurdische Aktivisten, Makler, Katasterbeamte, Gangster –, alle haben mir gesagt: `Du musst das Aufschreiben, Denis Abi.` Ich habe gesagt: `Logisch, mach ich. Ist schließlich mein Job. Wir sind ja nicht zum Spaß hier.“
Sein Vorwort zu diesem ersten Beitrag endet mit einem Zitat: „Es geht nicht darum, gefangen zu sein / Sondern darum, sich nicht zu ergeben.“ Denis Yücel hat das während seiner Haft in sehr beeindruckender Weise gelebt!