Kostenrechnung-Controlling bei der Flüchtlingsunterbringung
Gespeichert von Prof. Dr. Claus Koss am
Nach der Bayerischen Asyldurchführungsverordnung (BayDVAsyl) vom 16. August 2016 (BayGVBl. S. 258, BayRS 26-5-1-A/I) verlangt der Freistaat Bayern EUR 278 monatlich für die Unterkunft eines allein stehenden bzw. EUR 97 für Haushaltsangehörige (§ 23 BayDVAsyl) sowie zwischen EUR 78 und EUR 128 monatlich für Verpflegung und zwischen EUR 5 und EUR 28 für Haushaltsenergie (§ 24 BayDVAsyl). Im Rahmen einer Normenkontrollklage stellte der BayVGH die Ungültigkeit dieser Gebühren fest (BayVGH, Beschluss v. 16.05.2018 - 12 N 18.9).
Die Begründung:
- Die nach Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 KG dem Verordnungsgeber zugestandene Ermessensausübung setze eine ordnungsgemäße Gebührenkalkulation vor Festlegung der Gebühren voraus - in der Sprache der Betriebswirte: "Vorkalkulation". Liege eine solche nicht vorab vor oder enthalte wesentliche Mängel, habe dies die Ungültigkeit der Gebührensatzregelung zur Folge.
- Der Verordnungsgeber müsse die gleichermaßen dem Kostendeckungsprinzip wie der Bedeutung der Leistung für den Benutzer (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Äquivalenzprinzips) Rechnung tragen. Außerdem müsse er Ausnahmen von der Gebührenerhebungspflicht vorsehen, wenn dies aufgrund des Sozialstaatsprinzips geboten ist. Damit zeigt die Rechtsprechung Grenzen der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung für staatliche Leistungen auf. In der Kostenrechnung gilt üblicherweise ausschließlich das Kostenverursachungsprinzip.
- Die Gebühren sollen durch Divisionskalkulation der landesweiten Gesamtkosten für diese Leistungen durch Zahl der potentiellen Leistungen ermittelt werden. Diese können ggfs. durch Durchschnittswerte ermittelt werden.
- Leerkosten dürfen bei der Kalkulation ebenso wenig eingerechnet werden wie - bei Unterkunft und Verpflegung - personenbezogene Kosten für die Betreuung.
- Die Kalkulation staatlicher Leistungen kann auch nicht durch den Ansatz von Vergleichswerten ersetzt werden.
Die Entscheidung des VGH zeigt das sachgerechte Vorgehen bei der Anwendung der Kosten- und Leistungsrechnung bei der Kalkulation staatlicher Gebühren: in einem ersten Schritt ist das betriebswirtschaftliche Instrumentarium anzuwenden, in einem zweiten Schritt sind die Ergebnisse der rechtsstaatlichen Kontrolle zu unterziehen und ggfs. vor Umsetzung zu korrigieren.
Den streitgegenständlichen §§ 23, 24 BayDVAsyl wurde in der öffentlichen Diskussion der Vorwurf gemacht, hier würden Gebühren aus politischen Gründen 'hochgerechnet'.
Dazu möchte sich der betriebswirtschaftlich vorgebildete Verfasser nicht äußern: Aber er sieht - soweit dies aus der Darstellung im Beschluss nachvollziehbar ist - ein großes Verbesserungspotential bei der Anwendung des betriebswirtschaftlichen Instrumentariums.