Rechtsanwälte: Übernahme Pflichtbeiträge als geldwerter Vorteil?
Gespeichert von Prof. Dr. Claus Koss am
Eine Rechtsanwaltssozietät übernahm für eine angestellte Rechtsanwältin Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer und zum Deutschen Anwaltsverein sowie die Umlage für das besondere elektronische Anwaltspostfach. Nach einer Lohnsteueraußenprüfung wollte das Finanzamt Lohnsteuer auf die übernommenen Beiträge. Das Finanzgericht Münster (Urteil v. 01.02.2018 - 1 K 2943/16, Rev. eingel.) folgte der Rechtsauffassung der Finanzbehörde, dass es hier Arbeitslohn vorliege. Die Übernahme habe nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin als Arbeitgeberin gelegen:
- Eine Berufshaftpflichtversicherung sei unabdingbar für die Ausübung des Anwaltsberufs und decke das persönliche Haftungsrisiko der Anwältin ab. Die Pflicht zum Abschluss einer solchen Versicherung diene neben dem Schutz der Mandanten auch der unabhängigen und eigenverantwortlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege. Nur durch diesen Versicherungsschutz sei eine interessengerechte Mandantenvertretung möglich.
- Auch die Übernahme der Beiträge zur Rechtsanwaltskammer führe zu Arbeitslohn. Die Anwaltszulassung der Arbeitnehmerin habe zwar auch im betrieblichen Interesse der Klägerin gelegen. Sie sei jedoch auch zwingende Voraussetzung für die selbstständige Ausübung einer Anwaltstätigkeit und könne daher auch im Fall einer beruflichen Veränderung der Anwältin von Vorteil sein.
- Da die Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs nicht für die Sozietät der Klägerin, sondern für jeden Rechtsanwalt einzeln erfolge, stünden die Kosten für das für die angestellte Rechtsanwältin eingerichtete Postfach in ihrem eigenen beruflichen Interesse.
- Schließlich stelle auch die Übernahme der Beiträge zum Deutschen Anwaltsverein Arbeitslohn dar. Die Vorteile der Mitgliedschaft, insbesondere die berufliche Vernetzung sowie der vergünstigte Zugang zu Fortbildungsangeboten und zu Rabattaktionen wirkten sich für die Rechtsanwältin unabhängig von ihrem Anstellungsverhältnis aus.
Die Argumentation des Finanzgerichts und dem vorausgehend der Finanzverwaltung überzeugt nicht in allen Punkten. Bei der Übernahme der Mitgliedsbeiträge für den Deutschen Anwaltsverein e.V. kann der Verfasser eine private Mitveranlassung nachvollziehen.
Bei den übrigen Beiträgen führt der Verweis auf ein Parallelbeispiel jedoch zu einem sachgerechten Ergebnis: Wenn ein Bauunternehmen einem Bauarbeiter Schutzkleidung zur Verfügung stellt, z.B. einen Bau-Schutzhelm, oder ein Feuerwehrmann Schutzkleidung tragen muss, würde wohl niemand steuerpflichtigen Arbeitslohn ernstlich annehmen. Auch wenn es in der Arbeit eines Rechtsanwalts manchmal heiß hergeht, er braucht keine Schutzkleidung, aber eine Berufshaftpflichtversicherung und muss Mitglied in der Rechtsanwaltskammer sein, um für seinen Arbeitgeber arbeiten zu können. Wie der Bauunternehmer niemanden ohne Helm auf die Baustelle, die Kommune den Feuerwehrmann zum Einsatz lassen darf, darf auch eine Rechtsanwaltssozietät einen Rechtsanwalt nicht ohne Versicherungsschutz oder ohne Mitgliedschaft in der Kammer zum Mandanten lassen. Wo soll da der geldwerte Vorteil und damit Arbeitslohn sein?
Die betroffene Rechtsanwaltsozietät hat Revision, damit der BFH Klarheit herstellen kann.