OLG Bamberg ist streng mit Tatrichtern: "Kein zu schneller Freispruch, wenn du den Betroffenen auf dem Fahrerfoto nicht erkennst!"
Gespeichert von Carsten Krumm am
Was soll man davon halten. Da sitzt ein Betroffener vor dem Richter. Und der Richter hat ein Messfoto. Und der Richter erkennt den Betroffenen darauf nicht. Dem OLG Bamberg reicht sowas nicht so einfach....hier die Leitsätze:
1. Im Falle eines Freispruchs ist es rechtsfehlerhaft, wenn der Tatrichter lediglich einzelne Umstände herausgreift, die gegen die Täterschaft des Betroffenen sprechen, eine Gesamtwürdigung aller hierfür relevanten Indizien jedoch unterlässt.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Tatrichter bei einer nur eingeschränkt zur Identifizierung geeigneten Abbildung des Täters lediglich aufgrund von einzelnen Merkmalen, die seiner Meinung nach Unähnlichkeiten zum Betroffenen aufweisen, zu dem Ergebnis gelangt, der Betroffene sei nicht der Täter gewesen, und dabei gar nicht in Betracht zieht, dass vermeintliche Unähnlichkeiten auch durch technische Einflüsse bei der Lichtbildaufnahme, Veränderung der Mimik und dergleichen hervorgerufen sein können.
3. Gründet der Tatrichter seine Überzeugung von der Nichttäterschaft des Betroffenen auf Gesichtspartien, die er gar nicht erkennt (hier: „erahnbarer“ Haaransatz), stellt dies einen Verstoß gegen Denkgesetze dar.
4. Äußeren Umständen, die jederzeit veränderbar sind (hier: Tragen einer Brille), kommt für die Täteridentifizierung kein Beweiswert zu.
OLG Bamberg Beschl. v. 10.7.2018 – 3 Ss OWi 870/18, BeckRS 2018, 15194