Mindestlohn im Taxigewerbe
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Dass das Taxi-Gewerbe Schwierigkeiten mit dem Mindestlohn hat, ist unübersehbar. Bringt man – was ich regelmäßig tue - während einer Taxifahrt das Gespräch auf dieses Thema, bekommt man Antworten, die eine klare Sprache sprechen. In Köln antwortete neulich ein Taxifahrer auf meine Frage, ob der Mindestlohn denn mittlerweile bei ihm angekommen sei, wörtlich: „im Leben nicht“. Vor die Gerichte kommen Fälle aus diesem Bereich offenbar nur ganz selten. Eine Ausnahme stellt eine jetzt verkündete Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 3.9.2018, 26 Sa 1151/17, Pressemitteilung juris) dar.
Ein Taxifahrer hatte hier von seinem Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn auch für Standzeiten im Laufe des Arbeitstages verlangt. Der Arbeitgeber hat geltend gemacht, er habe sämtliche von dem Zeiterfassungssystem im Taxi erfassten Arbeitszeiten vergütet, mehr Arbeitszeit sei nicht angefallen. Zur Zeiterfassung war im Taxi im Falle einer Standzeit stets nach jeweils drei Minuten vom Fahrer eine Taste zu drücken, worauf ein akustisches und optisches Signal hinwies. Hat der Fahrer die Taste nicht gedrückt, wurde die darauf folgende Standzeit nicht als Arbeitszeit, sondern als unbezahlte Pausenzeit erfasst. Der Taxifahrer hat geltend gemacht, er habe Anspruch auf den Mindestlohn auch für mangels Betätigung der Signaltaste als Pausenzeiten erfasste Zeiten. Er habe sich zu diesen Zeiten stets zur Aufnahme von Fahrgästen bereitgehalten. Ein Betätigen der Signaltaste sei nicht zumutbar und auch nicht immer möglich gewesen. Auch sei er gehalten gewesen, die Signaltaste nur in einem solchen Umfang zu betätigen, dass ein bestimmter Umsatz pro erfasster Arbeitsstunde erzielt werde.
Das LArbG hat einen Anspruch auf den Mindestlohn auch für Standzeiten ohne Betätigung der Signaltaste bejaht. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei den Standzeiten um vergütungspflichtige Bereitschaftszeiten, das unterbliebene Betätigen des Signalknopfes steht der Vergütungspflicht nicht entgegen. Die Weisung, einen solchen Signalknopf zur Bestätigung der Arbeitsbereitschaft alle drei Minuten zu drücken, sei nicht durch berechtigte Interessen des Arbeitgebers gedeckt und in Abwägung der beiderseitigen Belange unverhältnismäßig. Dass es sich hier bei den nicht erfassten Standzeiten nicht um Pausenzeiten handeln könne, werde auch an der Verteilung der Zeiten deutlich. Bei einer Zeit von knapp zwölf Stunden zwischen Arbeitsbeginn und Arbeitsende entsprächen als Arbeitszeit erfasste Standzeiten von elf Minuten, wie sie hier bspw. angefallen seien, nicht den Arbeitsabläufen im Taxigewerbe.