Zahlungsverzug : fristlos und fristgemäß kündigen hält besser - BGH, Urt. v. 19.9.2018, VIII ZR 261/17
Gespeichert von Dr. Michael Selk am
Zwei Monatsmieten im Rückstand - muss der Mieter bei einer Kündigung ausziehen, auch wenn der Rückstand vom Mieter innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage vollständig ausgeglichen wird?
Offenbar hatte es die Zivilkammer 66 des LG Berlin leid, der Passivität des Gesetzgebers weiter zuzusehen. Denn nach wie vor führt eine vollständige Zahlung durch den Mieter auf eine fristlose Kündigung des Vermieters zwar zur Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung; hatte der Vermieter aber zugleich die fristgemäße/ordentliche Kündigung aufgrund dieser Pflichtverletzung ausgesprochen, so führt die Zahlung nicht wie bei einer fristlosen Kündigung gem. § 543 II S.1 Nr. 3 BGB automatisch auch zur Unwirksamkeit der fristgemäßen Kündigung gem. § 573 I, II Nr.1 BGB. Nach ganz h.M. ist § 569 III Nr.2 BGB auf die fristgemäße Kündigung nicht analog anwendbar.
Das LG Berlin versuchte es daher mit einer neuen Konstruktion: mit der Zahlung des Rückstands ende die Wirkung der vorrangig ausgesprochenen fristlosen Kündigung, daher könne auch die fristgemäße Kündigung keine Wirkung mehr entfalten. Dieser Argumentation hat der BGH nun einen Riegel vorgeschoben: der Vermieter, der sowohl fristlos als auch fristgemäß kündige, mache (nur) deutlich, dass die fristgemäße Kündigung nur nachranigig geprüft werden solle. Zutreffend verweist der Senat auch darauf, dass, würde man dem LG Berlin hier folgen, es dazu führen würde, dass Vermieter zukünftig nur noch die fristgemäße Kündigung aus taktischen Gründen aussprechen würden; dies sei aber vom Gesetzgeber nicht wirklich gewollt.
Es bleibt also dabei: im Einzelfall (alle Umstände des Verschuldens müssen hier sorgfältig abgewogen werden) kann auch eine parallel wegen Zahlungsverzugs ausgesprochene fristgemäße Kündigung durchgreifen. Nach wie vor wäre es Sache des Gesetzgebers, ggf. die Heilungsvorschrift des § 569 III Nr.2 auch auf die fristgemäße Kündigung auszudehnen. Die gerichtlichen Korrekturversuche hingegen sind kläglich gescheitert. Der BGH findet im Übrigen einmal mehr deutliche Worte ("...eines teilweise fehlerhaften Verständnisses der Rechtsnatur eines Gestaltungsrechtes...." bzw. "....aufgrund einer grundlegenden Verkennung...") im Hinblick auf die Fehler der Vorinstanz.
Dem Vermieter - bzw. seiner Anwältin oder seinem Anwalt - ist daher weiterhin dringend zu empfehlen, sowohl die fristlose als auch die fristgemäße Kündigung bei Zahlungsverzug auszusprechen. In der Praxis ist dieser Rat nach wie vor nicht überall angekommmen - oft findet man nur eine fristlose Kündigung, die aber nicht ohne weiteres in eine fristgemäße umzudeuten ist.