Neue EU-Richtlinie zur Strafbarkeit der Geldwäsche
Gespeichert von Jürgen Krais am
Am 12. November wurde die Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche im Amtsblatt der EU (L 282/22) veröffentlicht. Die Richtlinie enthält Vorgaben zur Harmonisierung der Strafbarkeit wegen Geldwäsche, zu strafprozessualen Voraussetzungen für die Verfolgung von Geldwäsche in den EU-Staaten sowie zur internationalen Zusammenarbeit. Die neue RL wird zum Teil missverständlich als 6. EU-Geldwäscherichtlinie bezeichnet.
Konkret regelt sie:
- Geldwäsche (Art. 1 Abs. 1 der RL) wird künftig EU-weit mit einer Freiheitsstrafe von mindestens vier Jahren geahndet (Art. 5 Abs. 2 der RL). Zusätzliche Sanktionen und Maßnahmen können verhängt werden (z. B. Geldstrafen, vorübergehender oder dauerhafter Ausschluss vom Zugang zu öffentlichen Finanzmitteln usw., Art. 5 Abs. 3 der RL).
- Der Katalog der Vortaten zur Geldwäsche wird vereinheitlicht (Art. 2 der RL). Vortat der Geldwäsche werden entsprechend dem "all crimes approach" der FATF alle Straftaten, die im Mindestmaß Freiheitsentzug im Höchstmaß von mehr als einem Jahr oder — in Mitgliedstaaten, deren Rechtssystem ein Mindeststrafmaß für Straftaten vorsieht — mit einer die Freiheit beschränkenden Maßnahme im Mindestmaß von mehr als sechs Monaten geahndet werden können. In jedem Fall gelten die in Art. 2 der RL speziell genannten Straftaten als Vortat.
- Steuerstraftaten sollen entsprechend der überabeiteten FATF-Empfehlungen überall als kriminelle Tätigkeit (Vortat) gelten. Welche Steuervergehen strafbar sein sollen, wird damit nicht geregelt. Eine Harmonisierung der Steuerstrafbarkeit in den Mitgliedsstaaten ist damit nicht intendiert (Erwägungsgrund 8 der RL).
- Die Strafbarkeit wegen Geldwäsche soll nicht mehr davon abhängen, dass genau bestimmt wird, aus welcher Vortat die Vermögenswerte stammen. Z.B. kann offen bleiben, wer Täter der Vortat ist ( Art. 3 Abs. 3 (b) der RL).
- Die Strafbarkeit wegen Selbst- bzw. Eigengeldwäsche soll ausgedehnt werden (Erwägungsgrund 11).
- Den Mitgliedsstaaten wird ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt leichtfertige oder rücksichtslose (fahrlässige) Formen der Geldwäsche unter Strafe zu stellen (Art. 3 Abs. 5 der RL)
- Als strafverschärfende (erschwerende) Umstände gelten Verbindungen zu kriminellen Organisationen oder Verstöße im Zusammenhang mit der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten (Art. 6 der RL)
- Die EU-Staaten müssen Möglichkeiten schaffen, juristische Personen wegen Geldwäsche strafrechtlich oder per Bußgeld zur Verantwortung zu ziehen und sie zusätzlich zu sanktionieren (z. B. durch Ausschluss von öffentlichen Mitteln, Unterstellung unter richterliche Aufsicht, gerichtlich angeordnete Auflösung, Art. 8 der RL.); Voraussetzung dafür ist, dass eine Geldwäsche-Straftat vorliegt, die zu Gunsten einer juristischen Person begangen von einem Organ oder Mitglied eines ihrer Organe begangen wurde, das eine Führungsposition in der jur. Person inne hat (Art. 7. Abs. 1 der RL). Eine Strafbarkeit der juristischen Person ist auch vorgesehen, wenn mangelnde Kontrolle durch eine solche Person, die Geldwäsche-Straftat ermöglich hat (Art. 7 Abs. 2 der RL).
- Die Mitgliedsstaaten sollen in Anbetracht der vielfach grenzüberschreitenden Sachverhalte der Geldwäsche eine weitreichende Zuständigkeit der Gerichte begründen (Erwägungsgrund 17 bzw. Art. 10 der RL) und
- Hindernisse für die grenzüberschreitende justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit beseitigen, indem gemeinsame Bestimmungen für bessere Ermittlungen festgelegt werden.
- Für grenzüberschreitende Fälle präzisieren die neuen Vorschriften, welcher Mitgliedstaat gerichtlich zuständig ist, wie die betroffenen Mitgliedstaaten zusammenarbeiten sollen und wie Eurojust einbezogen werden soll (Art. 10 Abs. 3 der RL).
Die Umsetzungsfrist der Richtlinie endet am 3. Dezember 2020. Das Geldwäschegesetz bzw. die Vorgaben der EU-RL 2018/84 (5. EU-Geldwäscherichtlinie) bleiben hiervon unberührt. Dänemark und UK beteiligen sich nicht an der Umsetzung der RL. Für Dänemark bleibt der Rahmenbeschluss 2001/500/JI wirksam.
Der Anpassungsbedarf im deutschen Strafrecht muss im Detail noch erörtert werden. Viele der Grundsätze aus der Richtlinie prägen die Vorschrift des § 261 StGB bereits heute, so dass der Anpassungsbedarf eher im Detail liegen wird, als grundsätzlicher Natur zu sein. Praktische Auswirkungen sind dennoch nicht unvorstellbar.
Schon jetzt wird mE. erkennbar, dass sich das Risiko der Strafbarkeit wegen Geldwäsche für Verpflichtete iSd. § 2 Abs. 1 GwG weiter erhöhen wird. Grundsätzlich sind Verpflichtete natürlich schon jetzt strafbar, wenn sie in Kenntnis aller Tatumstände Geldwäsche betreiben oder Dritten Beihilfe leisten, oder leichtfertig die Herkunft von Vermögensgegenständen aus einer Vortrag nicht erkenenn (§ 261 Abs. 5 StGB). Nach der RL können Mitgliedsstaaten (explizit) regeln, dass eine Handlung wegen Geldwäsche strafbar ist, wenn der Täter den Verdacht hatte oder ihm bekannt hätte sein müssen, dass die Vermögensgegenstände aus einer kriminellen Tätigkeit stammen (Art. 3 Abs. 2 der RL). Im Fall einer zuvor erstatteten Verdachtsmeldung kann dies problematisch werden, wenn die Haltefrist von drei Werktagen (§ 46 Abs. 1 GwG) abgelaufen ist, aber keine Einstellungsverfügung der FIU oder zuständigen Staatsanwaltschaft vorliegt und zivilrechtliche Pflichten zur Durchführung eines Geschäfts zwingen. Die Aussage: „Melden macht frei!“ gilt dann möglicherweise selbst nach Erstattung einer Verdachtsmeldung nicht mehr so wie heute. Das Unterlassen einer an sich notwendigen Verdachtsmeldung kann dann ggf. als strafbare Geldwäsche geahndet werden. Als erschwerender (straferhöhender) Umstand gilt in Zukunft bei Geldwäsche, wenn der Täter der Geldwäsche Verpflichteter iSd. § 2 Abs. 1 GwG ist (Art. 6 Abs. 1 b) der RL).