Qualifizierte elektronische Signatur - Wiedereinsetzung
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Hier im BeckBlog hatte ich schon einmal auf die hohen Anforderungen bei der Einreichung bestimmender Schriftsätze auf elektronischem Wege hingewiesen. Über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) kann ein Schriftsatz nur dann wirksam eingereicht werden, wenn der als elektronisches Dokument übermittelte Schriftsatz mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen ist. Die gesetzliche Form ist nicht gewahrt, wenn die qeS nur an dem an das EGVP übermittelten Nachrichtencontainer angebracht ist. Es genügt also nicht, dass nur die elektronische Sendung mit der qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Vielmehr muss auch das (jedes) Dokument, das an das Gericht übersandt wird, entsprechend elektronisch signiert sein.
Das Hessische LAG hat es abgelehnt, bei einem Verstoß gegen dieses Formerfordernis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) zu gewähren und daher eine Berufung als unzulässig verworfen:
... zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrages (ist es) nicht ausreichend, wenn die Prozessbevollmächtigte der Beklagten als die die Berufungsbegründung verantwortende Rechtsanwältin allein darauf verweist, keine Kenntnis von den seit dem 1. Januar 2018 gemäß § 4 Abs. 2 ERVV geltenden erhöhten Anforderungen an die qualifizierte elektronische Signatur eines per EGVP bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes gehabt zu haben. Bei den formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einreichung von Schriftsätzen im elektronischen Rechtsverkehr handelt es sich nicht nur um berufsalltäglich relevante, sondern in der forensischen Anwaltspraxis besonders bedeutsame Regelungen. Angesichts dessen hätte es näherer Darlegungen dazu bedurft, aus welchen Gründen die Unkenntnis der Prozessbevollmächtigten ausnahmsweise unverschuldet sein soll und sie im Zeitraum zwischen der Veröffentlichung der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung im Bundesgesetzblatt vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803) und dem Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 19. Februar 2018 gehindert war, sich Kenntnis von den Neuregelungen zu verschaffen.
Hessisches LAG, Urt. vom 18.10.2018 - 11 Sa 70/18, BeckRS 2018, 37077