OLG Braunschweig: kleiner Notizzettel als wirksames Testament
Gespeichert von Dr. Claus-Henrik Horn am
Zu prüfen hatte das OLG Braunschweig, ob es sich bei einem nicht datierten wenige Zentimeter großen quadratischen Notizzettel mit Unterschrift um ein wirksames Testament handelt (Beschluss vom 20.03.2019 – I W 42/17, BeckRS 2019, 4888). Vollkommen zu Recht nahm das Gericht im Grundsatz an, dass in einem kleinen Notizzettel auch ein wirksames Testament liegen kann. Unschädlich sei die fehlende Ortsangabe, da es sich gemäß § 2247 Abs. 2 BGB nur um eine Sollangabe handelt.
Zutreffend Recht lehnte das Gericht aber die Gültigkeit eines sich aus dem Zettelchen ergebenden Testamentes mit der Begründung ab, dass aufgrund der fehlenden Datumsangabe unklar ist, ob dieses Testament vor oder nach dem gemeinschaftlichen Testament vom 28.03.2001 errichtet wurde. Datiere der Notizzettel vor dem gemeinschaftlichen Testament, wäre es später widerrufen worden (§ 2258 Abs. 1 BGB).
Zusätzlich zweifelte der 1. Zivilsenat an, ob bei dem Notizzettel der Testierwille vorliegen würde. Das Gericht begründete seine Zweifel damit, dass der Erblasserin die üblichen Gepflogenheiten beim Abfassen von Testamenten bekannt gewesen seien. Auch die Formulierung würde die Zweifel am Testierwillen stützen. So sollte derjenige das Haus der Erblasserin „bekommen“, der „für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt“. In diesem Fall vollkommen zu Recht stellte das Gericht die Nichtigkeit dieser Formulierung wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Höchstpersönlichkeit fest (§ 2065 BGB). Die individuelle Auslegung blieb erfolglos. Es ist aber – im Gegensatz zu einer Vielzahl anderer Oberlandesgerichte (hierzu Horn/Kroiß/Horn, Testamentsauslegung, 2. Auflage 2019, § 16 Rn. 17 ff.) erfreulich, dass sich das OLG ernsthaft mit der einfachen Auslegung des Textes auseinandergesetzt hat.