Transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der EU
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Das Europäische Parlament hat vor kurzem (am 16.4.2019) dem Richtlinienvorschlag über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union zugestimmt. Mit dieser Richtlinie soll als ein Teil der europäischen Säule sozialer Rechte auf die aktuellen Herausforderungen reagiert werden, die sich aus der demographischen Entwicklung, der Digitalisierung sowie neuen Beschäftigungsformen ergeben. Der Berichterstatter Enrique Calvet Chambon äußerte sich hochzufrieden: "Diese Richtlinie ist der erste große Schritt zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte, die alle EU-Arbeitnehmer betrifft. Allen Arbeitnehmern, deren rechtliche Situation bisher unklar war, werden dank dieser Richtlinie und der Urteile des Europäischen Gerichtshofs nun Mindestrechte eingeräumt, denn von nun an wird kein Arbeitgeber mehr in der Lage sein, die Flexibilität des Arbeitsmarktes zu missbrauchen". Das ist sicherlich schon deswegen übertrieben, da ja nur einige Aspekte in der Richtlinie geregelt werden sollen. Die wichtigsten Punkte sind (vgl. hierzu die Pressemitteilung des EP vom 16.4.2019):
Erhöhte Transparenz
Alle Arbeitenden müssen vom ersten Tag an, in Ausnahmefällen spätestens am siebten Tag, über die wesentlichen Aspekte ihres Arbeitsvertrags informiert werden. Dazu gehören eine Beschreibung der Aufgaben, das Startdatum und die Dauer des Vertrags, die Vergütung, die Länge des Standardarbeitstages oder ein Referenzrahmen für Aufgaben mit unvorhersehbaren Arbeitszeiten.
Besserer Schutz für neue Beschäftigungsformen
Zu den spezifischen Rechten zur Regulierung neuer Beschäftigungsformen gehören:
Arbeitende mit Abrufverträgen oder ähnlichen Anstellungsformen sollten von einem Mindestmaß an Vorhersehbarkeit profitieren, wie etwa vorgegebenen Referenzstunden und Referenztage. Sie sollten auch in der Lage sein, einen Auftrag außerhalb des Referenzrahmens ohne Nachteile abzulehnen oder eine Entschädigung zu erhalten, wenn der Auftrag zu kurzfristig storniert wurde.
Arbeitgeber sollten Arbeitenden nicht verbieten, sie dafür bestrafen oder anderweitig daran hindern, Arbeitsplätze bei anderen Unternehmen anzunehmen, vorausgesetzt diese zweite Tätigkeit liegt außerhalb der mit dem Arbeitgeber festgelegten Arbeitszeit.
Neue Regeln für Probezeit und Ausbildung
Die Probezeit darf sechs Monate nicht überschreiten. Bei befristeter Beschäftigung muss die Probezeit im Verhältnis zur voraussichtlichen Vertragsdauer stehen. Ein erneuter Vertrag für die gleiche Tätigkeit führt nicht zu einer neuen Probezeit.
Schließlich müssen Arbeitgeber kostenlose, verpflichtende Weiterbildungen anbieten. Wenn möglich, sollten solche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen innerhalb der Arbeitszeit liegen. Sie zählen jedoch in jedem Fall als gearbeitete Zeit.
Wie hoch der Umsetzungsbedarf im deutschen Arbeitsrecht ist, muss erst noch genau analysiert werden. Das Nachweisgesetz müsste z.B. punktuell geändert werden.