BGH: Zur Beurkundung eines Vertrags in zwei Sprachfassungen
Gespeichert von Ulrike Wollenweber am
Der BGH hat mit Beschluss vom 30. März 2019 (XII ZB 310/18, BeckRS 2019, 7139) zu verschiedenen Rechtsfragen einer notariellen Niederschrift in zwei Sprachfassungen Stellung genommen.
Nach dem deutschen Beurkundungsrecht ist in der Regel nur eine Sprachfassung verbindlich, während eine zweite Sprachfassung zu Beweiszwecken beigefügt werden kann (vgl. § 16 Abs. 2 BeurkG). Der Senat bestätigt nun die in der Literatur überwiegend vertretene Ansicht, nach der auch eine Beurkundung in zwei gleichwertig verbindlichen Sprachfassungen (ausnahmsweise) zulässig ist.
Bei der Auslegungsfrage, ob nur eine oder beide Sprachfassungen in zweisprachigen Urkunden verbindlich sein sollen, stützt sich der Senat u. a. auf folgende Kriterien: (i) Bezeichnung der zweiten Sprachfassung in der Urkunde (z. B. als „Übersetzung“), (ii) Dokumentation des Einverständnisses der Beteiligten mit einer anderen Sprachfassung (vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 BeurkG) sowie (iii) feste Verbindung der weiteren Sprachfassung mit der Urkunde (vgl. § 44 BeurkG).
Zudem erörtert der Senat die Rechtsfolgen für den Fall, dass der beurkundende Notar einem sprachunkundigen Beteiligten die Niederschrift entgegen § 16 Abs. 2 S. 1 BeurkG nicht vollständig übersetzt. Zunächst bestätigt der Senat, dass sich die Übersetzung auf alle Teile der Niederschrift beziehen muss. Nach Ansicht des Senats liegt jedoch bei Übersetzungsmängeln – ebenso wie bei Verlesungsmängeln – nur ein Verfahrensfehler vor, der nicht zur formellen Nichtigkeit der Urkunde führt, sofern sich der Mangel nicht auf die zwingenden Bestandteile der Urkunde nach § 9 Abs. 1 S. 1 BeurkG bezieht. Grundsätzlich gehören auch die Erklärungen der Beteiligten zum zwingenden Inhalt der Urkunde, allerdings nicht wortwörtlich, so dass bei einer unvollständigen Übersetzung in der Regel von einem Verfahrensfehler auszugehen ist.
Gegenstand des vom BGH entschiedenen Falls war ein notariell beurkundeter Ehevertrag. Aufgrund der allgemeinen Ausführungen zum Beurkundungsrecht ist davon auszugehen, dass die Grundsätze auch auf andere notarielle Niederschriften übertragbar sind.