Elternzeit: Aussparung der Ferien durch Lehrer zulässig?
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
§ 15 BEEG gestattet Arbeitnehmern, insgesamt bis zu drei Jahre Elternzeit zu nehmen. Diese Elternzeit kann, auch anteilig, von jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden (§ 15 Abs. 3 Satz 1 BEEG), sie kann von jedem Elternteil auf bis zu drei Zeitabschnitte verteilt werden (§ 16 Abs. 1 Satz 6 BEEG). Während der Elternzeit kann eine völlige Freistellung, aber auch eine Verringerung der Arbeitszeit nach näherer Maßgabe von § 15 Abs. 5 bis 7 BEEG beansprucht werden.
Die Klägerin ist Lehrerin beim Land Berlin beschäftigt. Sie übt während der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung (50%) aus. Ihre Elternzeit hat sie so gelegt, dass jeweils die Sommerferien ausgespart werden, während dieser will sie in Vollzeit "arbeiten". Die Senatsverwaltung für Inneres des beklagten Landes hatte schon 1996 zum alten BErzGG verfügt:
Der Erziehungsurlaub kann einem Arbeitnehmer jedoch nicht dergestalt in Teilabschnitten gewährt werden, dass Zeiträume ausgespart werden, in denen der Arbeitnehmer ohnehin nicht arbeiten müsste, insbesondere können zB Lehrkräfte und andere Beschäftigte in Schulen nicht die Ferienzeiträume aussparen.
Dementsprechend forderte das beklagte Land die Klägerin auf, Elternzeit auch während der Sommerferien zu nehmen. Dies lehnte sie ab. Den Konflikt zwischen den Interessen des Steuerzahlers und denjenigen der Lehrerin entschied das ArbG Berlin zugunsten der Letzteren. Die Berufung des beklagten Landes hat das LAG Berlin-Brandenburg zurückgewiesen:
1. Die Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 15 Abs. 1, § 16 BEEG ist von keiner Zustimmung des Arbeitgebers abhängig. Für die Inanspruchnahme bedarf es weder einer gesonderten „Freistellung“ durch den Arbeitgeber noch einer sonstigen Willenserklärung des Arbeitgebers; der Arbeitgeber soll die Elternzeit lediglich „bescheinigen“.
2. Der Anspruch auf Elternzeit kann gem. § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG auch nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden. Die Vorschriften über die Elternzeit sind zwingendes Gesetzesrecht, von dem weder durch Einzelverträge noch durch Betriebsvereinbarung oder Tarifverträge abgewichen werden kann.
3. Die Vorschrift verbietet nicht nur Vereinbarungen, die den Anspruch auf Elternzeit unmittelbar betreffen, sondern auch solche, die sich auf die arbeitsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers vor oder nach der Elternzeit nachteilig auswirken.
4. §§ 15, 16 BEEG sehen keinerlei Beschränkungen dahingehend vor, dass bestimmte Zeiträume bei der Feststellung der Elternzeit nicht ausgespart werden dürfen.
5. Die bloße Hintereinanderschaltung von Schulferien und Elternzeit reicht für die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung der Lage der Elternzeit durch eine Lehrkraft nicht aus.
LAG Berlin-Brandenburg, Urt. vom 15.11.2018 - 14 Sa 654/18, NZA-RR 2019, 127