Datenfluss aus der EU vor dem EuGH: Standardvertragsklauseln /Privacy Shield im Kreuzfeuer
Gespeichert von Dr. Axel Spies am
Vor dem EuGH hat heute eine Anhörung in der Sache „Schrems II“ zu den so genannten Standardvertragsklauseln ("SCC") stattgefunden. Es ging um die spannende Frage, ob diese das EU-Grundrecht auf Privatsphäre verletzen, stattgefunden. Die von der EU- Kommission genehmigten SCC werden von Tausenden von Unternehmen verwendet, um personenbezogene Daten in die USA zu übermitteln.
Zudem ist vor dem EuGH ein weiteres Verfahren gegen den EU-US Privacy Shield („Quadrature du Net et al. / EU-Kommission") anhängig (s. Blogeinträge vom 13.04.2016 und 02.02.2016). Der EuGH hatte zuvor eine Anhörung in diesem Fall auf einen Termin nach der heutigen Schrems-II-Anhörung verschoben.
Eine mögliche Entscheidung des EuGH, wonach das SCC und/oder das Privacy Shield Framework Agreement ungültig sind, würde - ähnlich wie das bekannte Schrems I-Urteil des EuGH aus dem Jahr 2015 (ZD 2015, 549 m. Anm. Spies und im Blog hier) – erhebliche Auswirkungen auf alle personenbezogenen Datenströme aus der EU/EWR haben.
Hintergrund:
Der EuGH hat ein von der irischen Datenschutzbehörde ("DPC") verwiesenes Verfahren angenommen, das von dem österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems gegen die SCC eingeleitet wurde.
In der ursprünglichen Beschwerde bei der DPC, die aufgrund des europäischen Hauptsitzes von Facebook in Dublin für dessen Überwachung in Europa zuständig ist, versuchte Herr Schrems das Unternehmen dazu zu bringen, die Übermittlung personenbezogener Daten aus der EU in die USA einzustellen. Herr Schrems argumentierte insbesondere, dass die im Rahmen der SCC übermittelten Daten von US-Geheimdiensten wie der National Security Agency überwacht werden würden.
Die DPC argumentiert, dass der EuGH die SCC für ungültig erklären sollte, weil sie keine ausreichenden Rechtsmittel für Nutzer anbiete, deren Daten von US-Nachrichtendiensten erhoben werden.
Das zweite Verfahren vor dem EuGH stellt die Vereinbarkeit des EU-US Privacy Shield mit dem EU-Grundrecht auf Privatsphäre in Frage. Die EuGH-Richter stellten bislang eine Reihe von Fragen zur Gültigkeit des Privacy Shield Framework nach EU-Recht und gaben zu erkennen, dass sie den Fall für substantiiert halten. Die Richter machten auch deutlich, dass die beiden Fälle miteinander verbunden sind. Gleichwohl dürften zwei unterschiedliche Entscheidungen zu erwarten sein.
Kernaussagen:
- Irische Regierung: "Der Datenschutzbeauftragte hat die notwendige Befugnis, den Datenfluss auszusetzen oder zu verbieten [...]. Wir sind uns der Schwierigkeit der Aufgabe bewusst, aber das sollte nicht bedeuten, dass alle Standardvertragsklauseln für ungültig erklärt werden."
- Schrems Anwalt: "Wenn Daten von Facebook in die USA übertragen werden, wird der Schutz durch das US-Recht geschwächt. Das gilt für alle Übertragungsmechanismen, einschließlich des Privacy Shield. Es ist systemisch."
- Europäischer Datenschutzausschuss (EDPB), das die Regulierungsbehörden vertritt: "Es obliegt der Aufsichtsbehörde, auf der Grundlage einer Beschwerde zu beurteilen, ob die Daten durch Standardvertragsklauseln geschützt sind. Andernfalls können sie die Versetzung aussetzen."
- Facebook: "Die Auswirkungen einer Ungültig-Erklärung von Standardvertragsklauseln auf den Handel wären immens und hätten Auswirkungen auf die ganze EU."
- EU-Kommission: verteidigte ihre Entscheidung, ein Abkommen mit den USA über Datenflüsse abzuschließen. Sie hatte allerdings Mühe, auf die Fragen der Richter zu antworten, ob die US-Geheimdienste Zugang zu Inhaltsdaten von EU-Nutzern hätten.
- U.S. Regierung: "Das US-Gesetz legt strenge Standards für den Zugang der Regierung zu personenbezogenen Daten fest [...]. Diese Standards spiegeln ein Bekenntnis zum Datenschutz wider, das seit der Gründung der Republik in der Verfassung und den Gesetzen der USA verankert ist."
(Quelle: Politico.eu)
Fortgang des Verfahrens:
Die endgültigen Entscheidungen des EuGH in beiden Verfahren werden Anfang 2020 erwartet. Die für den 12.12.19 angekündigte Stellungnahme des Generalanwalts wird mehr Anhaltspunkte für den aktuellen Sachstand bieten.