Legal Tech und das Mietrecht - der BGH gestattet. Grundsätzlich.
Gespeichert von Dr. Michael Selk am
Mit großer Spannung war die Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom 27.11.2019 (VIII ZR 285/18) zum Legal Tech Modell von wenigermiete.de (Betreiberin: Lexfox) erwartet worden, soll doch von dem Urteil eine Signalwirkung auch für viele ähnliche Geschäftsmodelle ausgehen.
Bislang liegt - wie üblich - nur die Pressemitteilung des BGH vor. Der Senat verneint danach sowohl einen abstrakten Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) auf der Basis der erteilten Inkassogenehmigung, aber sieht auch die konkreten Verfahren (unabhängig von der erteilten Genehmigung) "noch" vom RDG gedeckt. Dies war nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung zu erwarten.
Die Entscheidungsgründe bleiben abzuwarten. Interessant sind im Wesentlichen zwei Aspekte:
Der Senat hält eine Nichtigkeit der Abtretung der Forderungen des Mieters bzw. der Mieterin an Lexfox auch dann für möglich (verneint dies allerdings im konkreten Fall), wenn der Inkassodienstleister seine Dienstleistungsbefugnis eindeutig überschreitet. Geht der Inkasseodienstleister also abweichend von der Genehmigung zu weit, ist danach die Abtretung - unabhängig von der allgemein erteilten Genehmigung - unwirksam. Für die Praxis heißt das, dass die zuständigen Behörden bzw. Kammern im Einzelfall schon genau hinsehen müssen, ob sich der Dienstleister nicht schon zu weit von seiner Genehmigung entfernt hat.
Zum anderen ist jedenfalls nach der Pressemitteilung nach wie vor unklar, wo genau die Abgrenzung zwischen der sog. reinen "Inkassotätigkeit" einerseits und der originären anwaltlichen Beratungstätigkeit sein soll. Vorsichtig formuliert könnte man für die Zukunft davon ausgehen, dass jedenfalls dann, wenn ein Jurist "erheblich Gehirnschmalz" aufwenden müsste, um eine Forderung geltend zu machen, es sich nicht mehr um zulässige Inkassotätigkeit nach dem RDG handeln dürfte. Auch hier wird man indes die Begründung des Urteils abwarten müssen.
Auch wenn es im Urteil um mietrechtliche Fallgruppen (Miethöhe, Rückforderungen usw) ging, so besteht Einigkeit darüber, das die vom Senat dann darzulegenden Kriterien auch für andere, ähnliche Geschäftsmodelle gelten. Insofern kommt dem Urteil durchaus eine erhebliche Bedeutung zu.